Das Scanen von menschlichen Körperteilen zur Anfertigung von optimal passenden Produkten ist nicht etwas vollkommen Neues. Es ist in den Neunziger Jahren mit Unterstützung des Forschungsministeriums in Projekten zur Maßfertigung von Schuhen und Kleidung angegangen worden. Ich bin nach 2000 in Berlin in ein Geschäft gegangen, um endlich zu meinen Füßen passende Schuhe zu erhalten. Meine Füße wurden zwar gescant, aber der Verkäufer ging anschließend zum Regal und brachte ein Paar Schuhe aus der Serienproduktion. Das Projekt war auch nach einigen Jahren nicht ausgereift und das innovative Unternehmen wurde leider insolvent.
Mittlerweile werden Fußscanner erfolgreich eingesetzt im Bereich Schiverleih. Der Fuß wird vermessen und die Software sucht aus dem Verleihsortiment jene Schuhe heraus, die optimal passen (sollen). Voraussetzung sind vom Hersteller vermessene Schuhe in der Schuhdatenbank und ein passender Lagerbestand an Schuhen, der der üblichen Aufteilung der Körpergrößen bei den Kunden entspricht.
Ein Alpin- Schischuh ist wenig beweglich. Damit fällt einerseits die Erfordernis weg, ein digitales Modell des bewegten Fußes abzubilden. Die Software hat mehr den Zweck, die langsam in den Ruhestand verschwundenen erfahrenen Verleih- Mitarbeiter zu ersetzen, die noch wußten, zu welcher Fußform welche Schuhmarke passt.
Ich wäre überrascht, wenn das Scanen von Händen in Kürze zur Revolutionierung in der Maßfertigung von Pistolengriffen führen würde. Das es Fortschritte geben wird, schließe ich nicht aus. Die Orthopädie der Hand ist sehr komplex. Bisher ist es noch nicht gelungen, das Zusammnspiel der verschiedenen Komponenten (Knochen, Muskeln, Nerven, Haut, Bindegewebe, usw.) in einem übersichtlichen Modell zu erfassen.
Nun die aktuellen Ansätze mittels maschinellem Lernen sollen gerade den Bereich abdecken, wo es kein von Menschen erstelltes mathematisches Modell gibt. So ungefähr wie ein Rink, ein Morini oder auch manch ein Schwabe einen brauchbaren Griff basteln auf Basis von "Erfahrung" oder "Gefühl".
Keiner von denen ist auch nur im Entferntesten Anatom oder Mathematiker. Das brauchen sie aber auch nicht. Sie haben so ungefähr herausgebracht, bei welchen Händen was (hoffentlich) eher gut und was eher nicht so gut kommt. Das reicht, um sich bis zu einem passenden Griff durchzubasteln. Mehr ist es nicht und mehr braucht es auch nicht.
Da es kein mathematisches Modell gibt, das den ideal zur Hand passenden Griff anhand der Funktion der Hand beschreibt, läßt sich auch nicht objektiv nachprüfen, wie nah der vom jeweiligen "Meister" zum Optimum ausgerufene Griff wirklich ist. Es bleibt fast reine Gefühlssache und Propaganda übrig. Das Ganze mit ertwas Hokus Pokus garniert und fertig ist der Griffe Guru.
Die Griffe aus dem maschinellen Lernen werden sicher nicht besser als gut gelungene Anpassungen durch eine wirklich kundige Person. Aber sie werden voraussichtlich auch nicht schlechter. Was die Automatisierung leisten kann, ist die Überführung von brauchbaren Erfahrungswerten in maschinengebundenes "Wissen", wodurch die jetzt schon alten Griffe- Gurus verzichtbar werden. Für einen nahe am Optimum sehr gut angepassten Griff braucht eine KI wenige Sekunden Rechenzeit. Vom digitalen Modell zum fertigen Griff reicht dann ein Hifsarbeiter, der irgendwo auf der Welt den Drucker starten kann.