Deutschland unter Waffen?

  • „Deutschland unter Waffen“ Der Versuch einer Dokumentation?

    Die Vorankündigung der ARD zur heute 0:05 Uhr (1.7.2010) ausgestrahlten Dokumentation:
    „In Deutschland gibt es zehn Millionen legale Schusswaffen in privater Hand. Und 20 Millionen illegale, so die Schätzungen. Wer braucht so viele Waffen und wofür? Kaum ein Thema polarisiert die deutsche Gesellschaft so sehr wie der private Waffenbesitz. Ein Jahr ist es in diesem Sommer her, dass das deutsche Waffenrecht nach dem Amoklauf von Winnenden verschärft wurde. Für seine Dokumentation Deutschland unter Waffen? begibt sich NDR-Autor Lutz Hofmann nun auf Spurensuche in der Welt der deutschen Waffenbesitzer. Auf einem Schiessplatz in Güstrow trifft er Grosskaliberschützen bei einem internationalen Wettkampf. Ihre Disziplin: Schiessen nach den Regeln der IPSC - ein sportliches Bewegungsschiessen, bei dem sich der Schütze mit einer geladenen Waffe im Raum bewegt und nach vorgegebenem Pacoursaufbau Schüsse abgiebt. Für andere ist es das kampfmässiges Schiessen, das verboten gehört. In Deutschland die Grenze des Erlaubten im Schiesssport. Was gefällt den Schützen an ihrem Sport und warum ist ihnen der Besitz von Waffen so wichtig? Die eher schwer zugängliche Welt der deutschen Schützen wird von Autor Lutz Hofmann mit der Realität der deutschen Strafverfolgungsbehörden kontrastiert. Wieso gibt es kein zentrales Waffenregister? Und wie kann man den illegalen Waffenbesitz unter Kontrolle kriegen? Der Film Deutschland unter Waffen? nähert sich dem Thema nüchtern und unvoreingenommenen“


    Abgesehen davon, dass das Sportschießen des DSB mit Luftdruck und kleinkalibrigen Waffen nur am Rande vorkommt, werden merkwürdige Zahlen verwendet, danach gibt es 400.000 Jäger, 300.000 Sammler sowie 900.000 Erben und Altbesitzer. Diese 1,6 Mio. Waffenbesitzer ergeben dann zusammen mit ca. 2 Mio. Traditions- und Sportschützen „fast 4 Mio. Besitzer legaler Waffen". Diese oberflächliche Recherche, die Zusammenstellung der Bilder (Kriegsbilder/Schützenverein mit traditionellen Uniformen) und Interviews (weggeschnitten wurde z. B. laut Angabe von Holger Heuer (IPSC-Schütze) ein Interview/Gespräch mit einer Mutter eines Amokopfers in Winnenden , dass den Filmemachern zu „harmonisch“ verlief, zeigt, dass wir es hier im Ergebnis auch nur mit Stimmungsmache, bestenfalls einseitiger Dokumentation zu tun haben. http://forum.golfforum.de/f.cfm?id=1291174&r=threadview&t=3726036&pg=1


    Die Ergebnisse einer Studie zum Schießsport, differenzierende, objektive Aussagen zum Schießsport bzw., Waffengebrauch kommen zwar vor, gehen aber im Gesamtkontext und dunklen, bedrohlichen wolkenverhangenen Bildern von Städten und den eingeblendeten Zahlen dort vorhandener legaler Waffen unter.


    Die Zahl der illegalen Waffen rekrutiert sich nach diesem Bericht auch aus den aus Schützenhäusern gestohlenen Waffen. Auch hier wird nicht von Sportgeräten gesprochen, sondern der Eindruck erweckt, dass diese Waffen das gleiche Gefährdungspotenzial wie illegal importierte Kriegswaffen aus Krisengebieten besitzen. Grundtenor ist zum Schluss die Frage warum es nicht mehr Kontrollen oder besser noch die vollständige „Entwaffnung“ bzw. Kontrolle (zentrales Waffenregister - beispiel Freie und Hansestadt Hamburg) gibt.

    Entgegen der Ankündigung der Dokumentation ist auch dieser Beitrag dazu geeignet, die Vorurteile zum Schießsport in unserer Gesellschaft weiter zu festigen - keinesfalls unvoreingenommen.

    Waffen-Film mit mir in der ARD

  • Schlusswort: „Die erste Waffe war der Faustkeil vor anderthalb Millionen Jahren. Seither benutzer Menschen Waffen. Vieles könnte als Waffe verwendet werden auch ein Golfschläger. Die Schusswaffe ist jedoch mehr als nur ein tödlicher Gegenstand. Sie ist vor allen Dingen ein Symbol für Macht und Gewalt. Ob sie zum Töten eingesetzt wird oder für den Sport entscheidet immer der Mensch. Und diesen Risikofaktor konnte bislang noch keine Gesetzgebung berechenbar machen.“

    Danke für den Hinweis, Wilhelm. :)

    Gerhard Seemüller

    „Great minds discuss ideas;
    average minds discuss events;
    small minds discuss people.“

  • Der Beitrag war meiner bescheidenen Meinung nach im Gegensatz zu den sonst üblichen Machwerken gar nicht so schlecht. Zwar wurde nur ein sehr kleiner Teilbereich des Schießsports behandelt, aber eben auch der Bereich, der bei den Kritikern am umstrittensten war und ist, nämlich IPSC. Die im Beitrag gezeigten Schützinnen und Schützen kamen aber gut und sympathisch daher, zeigten, dass sie auch nur einen interessanten Sport betreiben und keine durchgeknallten Ballermänner sind. Sie wurden aber auch nicht mit sugestiven Fragen in die Falle gelockt und vorgeführt.

    Auch wurden viele der Forderungen und Angriffe der Waffengegner revidiert bzw. richtig gestellt. Z. Bsp. der Munitionsverbrauch, die Hürden des Gesetzes bei Neuerwerb, die unsichere Lagerung der Waffen in den Vereinsheimen. Gerade der Kritiker Brennecke hat sich doch sehr schön selbst entlarft. Auch die Beiträge von Herrn Dicke/GdP hatten im Gegensatz zu den Anmerkungen von Herrn Jansen/BDK Hand und Fuss. Die beiden Kritiker kamen mit ihren Argumenten insgesamt nicht besonders gut rüber.

    Natürlich hätte man sich die (für meinen Geschmack) komische Musik und die Bildeinblendungen verkneifen können. Aber ich vermute, der Autor hätte den Bericht sonst nicht in der ARD untergekriegt. Die hatten vermutlich eh schon genug Bauchschmerzen. Dafür spricht auch die Trickserei mit dem späten Sendetermin und das "Entsorgen" der Frau Gisela Mayer. Nennt man wohl Eigenschutz.

    Natürlich hätte man den Bericht auch ganz anders aufziehen können. Aber hätte man jetzt Biathlon stellvertretend für einen Teilbereich unseres Sports genommen, dann wäre ja auch dem dümmsten Zuschauer sofort die Absurdität der Rufe nach weiteren Waffenverboten bei den Schützen aufgefallen.


    Ich habe hier irgendwo schon mal geschrieben, dass es vor gut 20 Jahren man eine Videoreportage über unsere DM gab. Die Macher waren damals Heinz Reinkemeier, Gaby Bühlmann und Maik Eckhardt. Bis auf einige wenige Angaben ist das Teil recht zeitlos und bringt die tolle Atmosphäre in München sehr gut rüber. Wenn wir (Schützen) es schaffen könnten, diesen oder einen ähnlichen neuen Bericht zu einer guten Sendezeit bei einem der großen Sender zu platzieren, dann würde damit mal wirklich echte Imagepflege betrieben.

    Ich vermute aber, so etwas würden die Öffentlich-Rechtlichen nur gegen 4 Uhr morgens senden, wenn denn überhaupt. Dafür bringen sie ja Biathlon am laufenden Band und sehen den großen Widerspruch dabei noch nicht einmal.


    Mit bestem Schützengruß

    Frank

    Ach ja, Magdalena Neuner wirbt jetzt für Unterwäsche. Und ihre Anschütz ist auch mit auf dem Bild. :D Jetzt mal ne ganz doofe Frage. Wenn sie das Gewehr mit zum Fotoshooting schleppt, ist das dann überhaupt vom Bedürfnis her abgedeckt?

  • Hallo Frank,

    Du hast Recht, im Vergleich zu anderen "Dokumentationen" ist dieser Filmbeitrag aus schützeninterner Sicht schon gut.

    Wenn ich das eingangs kritischer beschrieben habe, dann aus angenommener Sicht von Nichtschützen oder sogar Waffengegnern. Dort würde die düstere Stimmung der "Kapitelbilder" für uns Sportschützen wahrscheinlich keine Pluspunkte bringen. Die Unterschiedlichkeit und Informationen der Interviewbeiträge wurde vom unbedarften Betrachter um 0:xx Uhr wahrscheinlich auch nur halbwach aufgenommen.

    Dass es mal nicht Biathlon, sondern grenzwertig diskutierter Schießsport ist, der vorgestellt wurde ist mutig. Ausgewogen wäre allerdings ein Hinweis auf die Vielfältigkeit des Schießsports in den verschiedenen Verbänden.


    Den von Dir zitierten Videofilm von Reinkemeier & Co. über die DM finde ich auch sehr gut. Was mich damals schon irritiert hat, war allerdings die Anteilnahmslosigkeit vieler Traditionsschützen/innen bei der Betrachtung des Videos. Viele konnten mit der DM-Stimmung nichts anfangen, versuchten bestenfalls eine Brücke zum Vereinsleben und den eigenen "sportlichen Aktivitäten" zu bauen. Die unvoreingenommenen Jugendlichen fanden den Beitrag dagegen sehr interessant.

  • Hallo Wilhelm,

    deine Einschätzung ist sicherlich auch zutreffend. Wobei ich sagen muss, ich weiß nicht so genau, wie so ein Beitrag auf nichteingeweihte Mitbürger wirkt. Aber aufgrund der tollen Sendezeit dürfte der Beitrag eh keinen sehr großen Einfluss auf die Meinungsbildung in unserem Land haben.

    Das Problem bei diesen Beiträgen ist ja immer, das der Fokus auf auf das Thema Waffe gerichtet ist. Wir setzen unsere Gewehre und Pistolen aber als Sportgeräte ein und der größte Teil davon ist auch nur als reines Sportgerät konstruiert und gefertigt worden und diese können eigentlich auch nur sinnvoll als solche verwendet werden. Das diese Sportgeräte nach unserem WaffG zu den Schusswaffen gezählt werden, hat zwar für uns erhebliche Konsequenzen, ist aber sonst eigentlich belanglos, da wir die Sportgeräte ja nicht als Waffen einsetzen.

    Daher auch mein Hinweis auf das Reinkemeier Video. Da spielt der Waffencharakter überhaupt keine Rolle, da geht es ausschließlich um Sport. Ähnlich verhält es sich ja auch bei der Berichterstattung über Biathlon. Obwohl das ja streng genommen die "Amokläuferdisziplin" schlechthin ist. Nur kommt da komischerweise niemand auf diesen Gedanken, bei den reinen Sportschützen aber schon.


    Zu deinen Erfahrungen mit dem DM Video. Die traditionellen Schützen sind oft ein recht seltsames Völkchen und vertreten manchmal sogar eine kritische Einstellung zum rein sportlichen Schießen. Nicht weil sie ein Problem mit den Waffen haben, sondern weil sie uns oft als Konkurrenz im Verein betrachten. Das Sportschießen übt ja oft nur eine Minderheit aus, kostet aber Geld. Da kann es dann schon mal vorkommen, das der eine oder andere Schützenbruder die Gelder besser für eher bierseelige Aktivitäten investiert sehen will. Ich komme hier aus einer Gegend, in der das traditionelle Schützenwesen noch für viele einen hohen Stellenwert hat. Ich habe hier leider schon oft den absurdesten Diskussionen beigewohnt und habe sogar erlebt, wie sich große Schützenvereine wegen solcher Konflikte regelrecht selbst platt gemacht haben. Ich weiß also so ein bisschen, wovon ich hier spreche.

    Viele Jugendliche gehen oft im Gegensatz zu den Erwachsenen sehr aufgeschlossen und mit Interesse an das Thema Sportschiessen ran. Ich darf schon mal in meinem Umfeld den einen oder anderen Rechner wieder flott machen. Ich lass dann auch schon mal ein Video von der ISSF-Seite laufen. Bei den Jugendlichen stößt das immer auf Interesse. Einige kennen dann die Sportart schon von der Olympia-Berichterstattung, obwohl die ja auch eher mager ist. Aber es ergeben sich so immer interessante Gespräche. Für fast alle Jugendlichen steht dann auch nicht der Waffencharakter im Vordergrund. Für die ist das schlicht eine interessante Sportart wie viele andere auch.


    Mit bestem Schützengruß

    Frank

  • Viele Jugendliche gehen oft im Gegensatz zu den Erwachsenen sehr aufgeschlossen und mit Interesse an das Thema Sportschiessen ran. Ich darf schon mal in meinem Umfeld den einen oder anderen Rechner wieder flott machen. Ich lass dann auch schon mal ein Video von der ISSF-Seite laufen. Bei den Jugendlichen stößt das immer auf Interesse. Einige kennen dann die Sportart schon von der Olympia-Berichterstattung, obwohl die ja auch eher mager ist. Aber es ergeben sich so immer interessante Gespräche. Für fast alle Jugendlichen steht dann auch nicht der Waffencharakter im Vordergrund. Für die ist das schlicht eine interessante Sportart wie viele andere auch.


    Das ist u. a. ein Grund, warum ich auch gerne auf die Netzathleten verweise. Dort haben viele Sportschützen/innen die Gelegenheit genutzt, sich und ihren Sport mit Bildern und Videos zu präsentieren - als Sportler/innen unter Sportlern/innen.

    Weil es keine "geeignete Berichterstattung von oben" gibt, muss man/müssen wir sie von unten, von der Basis gestalten, schon deshalb, weil wir viele sog. Schützen/innen unter uns haben, die unseren Schießsport gar nicht kennen bzw. sich den Sport in der aktuellen Vielfältigkeit nicht vorstellen können. Unser Sport wird nur dann von den großen Medien behandelt, wenn die Medien und andere Wirtschaftsteile damit Geld verdienen können. D. h. die Wirtschaft weiß, dass unser Klientel für sie unbedeutend ist.

    Die Medien schlachten unsere Schwäche (mangelnde Geschlossenheit der Anhänger von Sport und Tradition, dezentralisierte Verwaltung, unterschiedliche Interessenwahrnehmng in konkurrierenden Verbänden) insoweit aus, dass sie mit ihren Produkten - vorgefertigte - Massenmeinung bedienen. Im Zweifel und mit der gebotenen Oberflächlichkeit kommen dann auch Beiträge heraus wie "Schießen ist meine Leidenschaft"

    http://www.wdr.de/tv/tag7/sendun…eidenschaft.jsp

    DasErste.de - Gott und die Welt

    Dort sind aus Unerfahrenheit mit den Medien die Interviews der Schützen/innen und Aufnahmen gegen uns/unseren Sport zusammengestellt worden - als Futter für die vorgefertigte Massenmeinung.

    Das was unseren Sport - auch in seiner Vielfältigkeit - ausmacht, habe ich bisher in keiner ör Sendung rklärt/gezeigt bekommen.

    Deshalb sehe ich allein die Basisarbeit, die Werbung für unseren Sport, mit neuen, zuschauerträchtigen Darstellungen, die Vermittlung der inhaltlichen Vorteile des Schießsports in einem Verein als zielführend an. - Hier frage ich mich nur, wer das von uns alles umsetzen soll/kann?

    Die Verbände werden hoffentlich schon bald die Notwendigkeit einer Reform erkennen. Der Mitgliederrückgang in allen Verbänden und die Verschärfungen des Waffengesetzes werden die Frage nach Verbandszusammenschlüssen aufkommen lassen. Hier muss die Frage beantwortet werden, wie der Egoismus vom Gemeinsinn abgelöst wird?