Mein Beitrag passt nirgendwo so richtig rein, sollte ich hier völlig fehl am Platz sein, bitte ich um Verschiebung.
Hallo,
ich (36, m) schreibe heute hier, weil ich Rat suche. Da ich selbst noch keine wirkliche Erfahrung mit Vereinen habe, wünsche ich mir einerseits einen kleinen Realitätscheck, ob die Situation tatsächlich so "dramatisch" ist, wie ich sie empfinde, und erhoffe mir andererseits praktische Vorschläge, wie ich zur Verbesserung der Situation beitragen kann.
Edit: Beschreibung zu mir und dem Verein weggekürzt
Die "aktiven" Mitglieder sind alle Ü45-80 und schießen in der Regel nicht, sondern treffen sich wöchentlich zum Kaffeeklatsch und um darüber zu jammern, warum der Verein keinen Nachwuchs mehr bekommt.
1) Öffentlichkeitsarbeit - gibt's nicht!
- Der Verein hat keine Homepage
Auf meinen Vorschlag, dass ich meine (eingerosteten) Kenntnisse einbringen könnte, um eine Webseite zu gestalten, wurde mit einem begeisterten "Toll, da gibt's doch diese kostenlosen Seiten, wo Werbung drauf läuft" und "Richte es so ein, dass ich (der Vorstandsvorsitzende) einfach damit arbeiten kann" reagiert. Ich war zu verblüfft, um etwas zu sagen, aber gedacht habe ich: Nein, erstens sind Webseiten mit (nicht sachbezogener) Werbung hochgradig unprofessionell, zweitens will ich meinen Namen nicht unter so einer Schande stehen haben und drittens hatte ich überhaupt nicht vor die Webseite nur zu gestalten und dann an jemand anderen abzugeben, schon garnicht jemandem, der mit Ach und Krach sein Handy bedienen kann. Vielleicht kennt ja der ein oder andere hier das Problem und kann mir empfehlen, wie ich diese Situation zur Zufriedenheit aller lösen kann.
Also, da ich in meinem Namen weder einen kostenlosen Webspace mit Porno Werbung, noch eine kostenlose Adresse à la https://godaddysch%c3%bctzen123.wordpress.com akzeptieren kann, habe ich damals, sowohl eine aussagekräftige Adresse gekauft, als auch den dazugehörigen Webserver gemietet. Mein Gedanke war, wenn ich die Leute nicht im Vorfeld davon überzeugen kann, dass die Sache professioneller aufgezogen werden muss, dann vielleicht, wenn sie das "tolle" Endergebnis sehen und vor allem nicht dafür zahlen müssen. Tja und seitdem zahle ich, ohne bisher wirklich daran gearbeitet zu haben. Unter anderem, weil ich nunmal "der Neue" bin und eigentlich garnichts zu entscheiden habe und ich nicht respektlos sein will.
- Niemand dort interessiert sich für das Internet
Die Webseite die ursprünglich über Google Maps verlinkt war, gehört zu einem Schützenverein aus einem anderen Bundesland mit zufällig dem gleichen Namen. Wusste niemand und hat leider auch niemanden interessiert. Ich habe bei Google Maps eine Löschung beantragt. Ja, auch das war übergriffig von mir, aber es war mir einfach zu peinlich und weil sich eh niemand dafür interessiert, wird auch nie jemand erfahren, dass ich mich eigenmächtig darum gekümmert habe.
- Kontakt mit der Öffentlichkeit ist nicht vorhanden
Aus finanziellem Nöten heraus, war der Verein irgendwann gezwungen, die eigene Kneipe zu verpachten. (Das Vereinsgebäude liegt im Industrieviertel und zieht nicht viele Leute an.)
Was mich stört ist dass sich die Mitglieder lieber, jede Woche in eine winzige und stickigee Dachkammer verziehen, anstatt in der Kneipe Präsenz zu zeigen! Man sägt sich hier doch den Ast ab, auf dem man sitzt! Ich finde das unbegreiflich. Wieso hat man keine Absprache mit dem Pächter getroffen, dass wir günstiger Getränke kriegen und er dafür die Bude halb voll hat? Wieso zeigt man keine Präsenz? Wie kann man weder eine Webseite haben, noch in der Öffentlichkeit auftreten und sich dann wundern, dass man keinen Zuwachs bekommt?
- Es wird keinen Wert auf Erkennungsmerkmale gelegt
Edit:Stark gekürzt.
Auf jede begeisterte Anfrage, nach Mitgliedsausweis, Vereinsshirt oder Schützenjacke, wurde ablehnend oder abwertend reagiert. "SOWAS brauchen wir hier wirklich nicht!".
Den letzten Anflug von Begeisterung hat man mir beim Königsschießen ausgetrieben. U. a. weil man förmlich versucht hat mir auszureden, mir auch eine Schützenjacke wie die anderen zu kaufen "Ach das ist doch so teuer - ist doch nicht wichtig - du kannst ja in ein paar Jahren eine erben". (Es sind ganz normale Schützenjacken, nichts besonderes, nichts was man "erben" möchte.)
Vielleicht hat man es gut mit mir gemeint, weil ich nicht viel Geld habe. Aber mich deprimiert dieses Verhalten. Man trägt doch mit Stolz die Farben seines Vereins, es schafft ein Zugehörigkeitsgefühl und speziell im Schützenverein, hat es doch auch Tradition! Und es gehört doch auch mit zur Öffentlichkeitsarbeit, oder nicht?
Wir könnten doch, auf der (nicht vorhandenen) Webseite einen Shop von spreadshirt einbauen. Wir hätten null Kosten und kostenlose Werbung mit unserem "Logo" (wir haben kein Logo, sondern nutzen das Wappen des Stadtteils) Wär doch super oder?
2) Unmodern und Unorganisiert
Den nächsten Punkt halte ich kurz und knapp. Einer unserer Verantwortungsträger (ich werde nicht sagen wofür) ist senil. Das führt immer wieder zu Komplikationen. Ob den alten Hasen sein Problem bewusst ist und sie ihn aus Mitleid deckeln, weiß ich nicht. Ich habe auch niemanden den ich darauf ansprechen könnte. In meinen Augen aber, gehört dieser liebenswerte, alte Mann raus aus allen Ämtern, die Geld oder Sicherheit betreffen.
In meinem Verein wird alles noch per Hand erledigt, alles wird auf Papier gedruckt und an alle aktiven und inaktiven Mitglieder verschickt. Und nichts wird korrigiert, oder aktualisiert - weil es entweder einen 10 Jahresvorrat gibt, oder sich einfach nie einer die Mühe gemacht hat. Es gibt keine Datenbanken, keine HP, keine PDF Formulare zum Runterladen.
Die linke Hand weiß oft nicht was die rechte Hand tut und Dinge werden auch gerne kurzfristig geändert - was man ja wissen würde, wenn man mit in der Dachkammer hocken würde.
Wenn man sich zu Veranstaltungen anmelden möchte, muss man zum Teil jemanden privat anrufen, einen Termin machen und bei demjenigen zu Hause vorstellig werden.
Wieso kann ich das Geld nicht einfach auf das Vereinskonto überweisen? Wie läuft das bei euch?
Bei uns wird Munition und Standgebühr in Kleingeld bezahlt. Möglichst passend. Da es bei uns auf dem Dorf keinen Automaten gibt, ist das für mich jedesmal mit Umständen verbunden. Kann man da nicht eine Pauschale anbieten? Vielleicht auch als kleinen Anreiz um regelmäßig zu kommen, weil man "hat ja schon gezahlt"?
3) Was das Faß zum Überlaufen brachte
- Wie gewonnen, so zerronnen
Während meine Bekannte, mit der ich dort angefangen hatte, mit dem Verein innerlich schon abgeschlossen hatte, versuchte ich noch die (gedämpfte) Motivation aufrecht zu halten.
Was mir aber das Genick brach, war das Königsschießen, mit anschließendem Geplänkel.
Trotz des Umstandes, dass in meinen Augen das Königsschießen viel zu lange dauerte (Es wurde auf jede Feder einzeln geschossen), war die Stimmung in den ersten Stunden auch noch gut, danach ging allen langsam die Luft aus. Die Geschichte mit den Jacken habe ich ja oben schon erwähnt, das hat meine Begeisterung zwar gedämpft, aber nicht vollständig. Wenigstens einer von uns sollte sich eine Auszeichnung holen, so der Plan. Und dann wurde ich Ersatzritter. Wir waren aufgeregt, wie kleine Kinder. Und dann holte sich der 2. Ritter nicht nur den 1. Ritter, sondern sogar den Königstitel! Unglaublich!
Aber die Freude währte nur kurz.
Brüsk wurde mir mitgeteilt, dass der Ersatzritter, nicht aufsteigt, weil "Solang ich den Verein leite, bekommt jeder nur das was er schießt". Also war ein einzelner Mann König und 1. und 2. Ritter und ich blieb der Ersatzritter, der niemanden ersetzen durfte. Das hat mir den Rest gegeben.
Ok, jeder Verein kann das regeln wie er will. Aber eine Frage dann: Wofür dann überhaupt einen Ersatzritter? Ist der nicht explizit da, um einen Ritter zu ersetzen?
- Und weitere Dämpfer
Im Zeitungsartikel war mein Name falsch geschrieben. Während ich bisher immer versucht hatte Verständnis zu zeigen, hat mich hierbei das erste Mal der blanke Zorn erfasst. Diese Respektlosigkeit. Sie hatten mir meinen Titel und meinen Orden genommen und jetzt konnte ich nicht mal den Artikel aufhängen. Statt zu Brüllen, bin ich gegangen. Gut für mich.
Edit: Weitere gekürzte Vorkommnisse, danke Editor
Ich hatte vor, spätestens Anfang Mai wieder hinzugehen. Diese Woche teilte meine Bekannte mir mit Sie hätte eine Einladung erhalten, mit dem Hinweis, dass ich keine bekommen würde, weil man meine Adresse verschlampt habe. Die alte Wut kochte wieder hoch - ich musste was unternehmen. Ich machte mir Stichpunkte, suchte ein aktives Forum und jetzt bin ich hier und bitte um Rat.
Was kann ich tun? Ich bin für alle Lösungsansätze dankbar!
(Auch für verrückte Vorschläge, wie z.B. einen eigenen Verein gründen und sich dort einzumieten.)
Bisher habe ich noch keine Kritik innerhalb des Vereins geäußert, weil niemand - auch ich nicht - "den Neuen" leiden kann, der sich einbildet, jedem unter die Nase reiben zu müssen, wie beschissen er doch seinen Job mache. Ich will auch garnicht dieser Jemand sein. Ich möchte weder anklagen, noch drohen, sondern Anreize schaffen, durch die alle etwas gewinnen (Geld, Zeit, Mitglieder), nur dafür fehlen mir die Ideen und auch die Erfahrung.
Danke für eure Aufmerksamkeit.
P.S.: Sollte Jemand mich, oder den Verein wiedererkennen, bitte ich um Diskretion. Versuche bitte meine Seite der Geschichte zu Verstehen. Schreib mir doch eine PN, dann können wir uns gerne mal zum Kaffee treffen.
PPS.: Ich habe viele, viele Stunden an der Formulierung und dem Editieren dieses Textes gesessen und dank dem fehlenden Hinweis auf ein Zeichenlimit 2 weitere Stunden mit Umformulierung und Kürzung des Textes. Also sorry, dass es zeitweilig holprig klingen mag und dank der jetzt fehlenden Editierung auch schwer zu lesen sein mag. Aber genug ist genug! Danke nochmal für's Lesen.