Olympische Spiele London 2012

  • Hi klar, es geht doch um die Zuschüsse .... wie in der Wirtschaft eben, alles positiv Verkaufen und das Jahr danach .... na da bin ich nicht mehr verantwortlich .... das nenne ich absahnen und abhauen' ..

    Grins Oldgunner

  • Ich bin jetzt echt mal gespannt ob DOSB und Innenministerium auf diese Zielvereinbahrungen pochen.

    In dem fall wird es einigen Sportarten die nächste zeit besser gehen, Judo, Turnen, Leichtathletik, ..., und andere Sportarten werden da ganz schön den Gürtel enger schnallen müssen, Schwimmen, Schießen, ....

    Es wird sehr warscheinlich zeit für ein anderes Talentfördersystem. Wie genau das jetzt aussehen soll weiß ich nicht, werd mir aber mal nach der deutschen gedanken dadrüber machen.

  • Das hier ist meines erachtens der wichtigste Satz im ganzen Artikel:


    Zitat

    Außerdem ist für die ferne Zukunft natürlich wichtig, dass es in den Schulen wieder wesentlich mehr Turn- Unterricht gibt. Der ist ja fast völlig ausgestorben.

    Der trifft, zumindest wenn ich mich so mit meinen paar Jugendlichen unterhalte, oder im moment mit den Besuchern unserer Feriensportaktionen, so langsam aber sicher auch auf Deutschland zu. Es wird immer mehr Sportunterricht gestrichen, nicht nur in den Klassen 8-12 sondern auch in den Klassen 1-7.

  • Wurfscheiben-Bundestrainer Metelmann hat sich auch schon geäußert:
    Zu wenig Trainer und Perspektiven für Athleten
    - Nach seiner Rückkehr aus London fordert Sportschützen-Nationaltrainer Wilhelm Metelmann eine veränderte Sportpolitik in Deutschland - Märkische Allgemeine - Nachrichten für das Land Brandenburg

    a) Mit der engen Spitze hat er natürlich recht. Aber daran liegt's nicht allein.
    b) Schlechte Situation für Trainer: stimmt.
    c) Diese Olympischen Spiele zeigen wieder einmal, dass es nicht zwingend einer breiten sportlichen Basis "bedarf", um Spitze zu produzieren. Exzellentes Beispiel: Italien. Und wohl auch (Süd-)Korea.
    d) Die Basis beim Wurfscheibenschießen und bei OSP existiert schlichtweg nicht.
    e) Letztlich ist es Gnade (so die ebenso fromme wie zutreffende Aussage von Ralf Schumann).

    Carcano

  • Zu den sogenannten "Zielvereinbarungen":

    Zielvereinbarungen auf Medaillen bezogen sind generell töricht. Die Sportverbände wissen das eigentlich auch; dennoch lassen sie sich solche abnötigen. Dabei ist jeder Sport verschieden. SportlerInnen kann man entwickeln und gezielt heranziehen; Ergebnisse nicht.

    Im Schießsport bedeutet das:
    Eine vernünftige Zielvereinbarung wäre leistungsbezogen, nicht medaillen- oder plazierungsbezogen.

    1. Bezogen auf die Leistungsdichte könnte sie z.B. lauten: "wir wollen in drei Jahren mindestens 8 (oder wieviele auch immer) OSP-Schützen, oder 20 Sportpistolen-Schützinnen haben, die jeweils mindestens 2 mal bei internationalen Wettkämpfen die olympische MQS erfüllt haben."

    2. Bezogen auf die Leistungsspitze könnte sie z.B. lauten: "wir wollen in drei Jahren mindestens 3 (oder wieviele auch immer) OSP-Schützen oder 4 Sportpistolen-Schützinnen haben, die jeweils mindestens zweimal bei internationalen Wettkämpfen ein Ergebnis von 580 Ringen erzielt haben."

    Carcano

    Einmal editiert, zuletzt von Carcano (13. August 2012 um 10:09)

  • Ich habe einen reality check durchgeführt. Lag dabei vom Gefühl her schon gar nicht so schlecht. :thumbup: Vor London 2012 hatten wir 8 MQS in Schnellfeuerpistole und 10 MQS in Sportpistole erreicht.
    (Süd-)Korea hat deutlich mehr, bei ca. 50 Millionen EInwohnern. Tja. Und jetzt sehe man sich die Medaillen an.
    Freilich liegen wir insgesamt statistisch immer noch ganz weit vorne mit diesen Zahlen.
    ISSF - International Shooting Sport Federation - issf-sports.org

    Es ist eine pure Frage des Geldes: ohne Geld kann man SportlerInnen nicht ins Ausland auf entsprechende Wettkämpfe schicken. Das wird auch jedem Ministerialbeamten im BMI einleuchten.

    Carcano

  • Natürlich weiß ich, was ich sage. Aber jetzt fand ich endlich wieder auch eine (mögliche) Quelle wieder:

    Auch neuere sportwissenschaftliche Forschungen zeigen, dass der oft hohe Sach- und Personalaufwand, die zu geringen Erfolge und sehr hohen drop-out-Quoten der Kaderförderung vielfach nicht in adäquatem Verhältnis zueinander stehen.
    Wer andererseits ausschert oder versucht, sein eigenes Ding besser zu machen, wird oft geschnitten und bewusst ausgegrenzt / ausgebremst. Siehe im Taekwando den skandalösen britischen Fall Aaron Cook bei diesem Olympischen Spielen 2012. Aber wie gesagt, das Problem ist sportartübergreifend.


    Hier:
    "Je früher sich ein Athlet vom deutschen Sportsystem fördern lässt, desto unwahrscheinlicher ist es, dass er später auch international Erfolge feiert. Das haben Eike Emrich und der Kaiserslauterer Professor Arne Güllich in einer bislang noch nicht veröffentlichten Untersuchung herausgefunden. In einer siebenjährigen Längsschnittstudie haben sie belegt: Je länger sich Athleten frei entfalten können, desto erfolgreicher sind sie. Auch die zentrale Betreuung an Olympiastützpunkten stellen Emrich und Güllich in Frage. In einer Studie kommen sie zu dem Schluss, dass die Betreuung von Athleten durch Olympiastützpunkte langfristig keine positiven Effekte zeitigt."
    WAZ Rechercheblog » Blog Archive » Olympia: Das System Plansport – Millionen für Medaillen

    Carcano

  • Hallo Carcano,

    das bisherige Spitzensportförderungssystem ist nach meinem Gefühl immer noch vom "Klassenkampf" vergangener Zeiten mitgeprägt. Das Auswahl-, und Fördersystem in der ehemaligen DDR und deren Erfolge waren ja auch beeindruckend. Die damaligen Spitzentrainer stehen heute auch in vielen Sportarten in verantwortlicher Position.

    Die Zeiten - und damit auch die Interessen und Handlungen der Menschen - haben sich geändert. Junge Menschen wollen ihr Leben in einer Wohlstandsgesellschaft genießen, dh. Vorteile daraus ziehen und keine nachhaltigen Verpflichtungen eingehen. Die Masse sieht im Leistungssport keinen Mehrwert. Fun- und Breitensport ohne größere Verpflichtungen liegen im Trend. Leider kommen die Trends nicht mehr aus der Gesellschaft, sondern von den Werbeabteilungen der Konsum- und Freizeitbranche. Ein Grund dafür, dass Beachvolleyball boomt.

    Was für die Sportler gilt, gilt dann natürlich auch für die Trainer.

    Carcano,
    vielen Dank für den Link. Da bin ich aber gespannt, was von den Erkenntnissen in drei Jahren umgesetzt worden ist. Mit Neuerungen haben es wir ja immer recht schwer:


    26. Darmstdter Sport-Forum: „Alles gemeinsam versuchen“ | Echo Online - Nachrichten aus Sdhessen

  • Ja, man hat sich sportwissenschaftlich stark an den Erfolgen der DDR orientiert, und zu einem geringeren Teil auch an Australien. Das Problem ist, dass unser deutsches Kadersystem ENORM ineffizient ist, einen wahnsinnigen Menschenverbrauch hat (die meisten fallen ja rasch wieder durchs Raster, und zwar oft GANZ aus dem Schießsport raus) und - was vielen nicht bewusst ist - tatsächlich zu früh (!) beginnt.

    Für alle, die lieber zuhören als wissenschaftliche Texte lesen, hier ein sehr guter, anschaulicher und auch leicht verständlicher Clip:
    "Athleten haben verzögerte Entwicklung" - ZDF heute journal - ZDFmediathek - ZDF Mediathek

    Caracno

  • Carcano,

    besten Dank auch für den obigen Link in dem klare und deutliche Aussagen zum Istzustand des Fördersystems Sport in D. gefallen sind.

    Keine Aussagen gab es zu der Anzahl und Güte von Trainern. Wenn ich mir auf der NWDSB-Seite die Stellenausschreibung für eine/n Landestrainer/in ansehe, gestartet am 30.06.2011, kommt schon die Frage auf, ob es denn überhaupt genügend Trainer gibt, die die Anforderungen des LSB/Fachverband Schießsport Niedersachsen erfüllen.

    Nordwestdeutscher Schützenbund :: : Aktuelle Details[pointer]=3&tx_ttnews[tt_news]=871&tx_ttnews[backPid]=12&cHash=5d45a2bc7c6ae19f7af2bd6f0ee7b24e

  • Kurze Antwort von mir zu der Frage "notwendige oder mangelnde Basis", was sowohl Du wie Güllich ansprechen.

    Gerade im Schießsport zeigt sich, dass eine breite Basis oer gar traditionelle gun culture (Schweiz! USA!) noch nicht notwendig "von selbst" ISSF-Spitzenleistungen hervorbringt. Es gibt keinen sich automatisch bildenden "Schüttkegel".
    Umgekehrt können Spitzenleistungen durchaus (fast) völlig ohne Basis entstehen (Beispiel: japanische Pistolenschützen), nämlich bei massiver institutioneller Förderung (ggf. bis hin zu Zwang) und Freistellung von Berufssportlern. Das ist oft in totalitären und zentralverwalteten Gesellschaftssystemen der Fall, aber nicht notwendig, Südkorea und Japan ist schließlich westlich angelegt.

    In einem freiheitlichen Staat wie Deutschland ist eine Kombination von beidem sicherlich sinnvoll, wenn (!) die Gesellschaft sportliche Spitzenleistungen hervorbringen will. Wir haben hier vielleicht eine zu starke Leistungsquetsche im Jugendbereich. Das schreckt aber viel mehr potentielle untere und mittlere Talente ab und drängt sie sogar ganz aus den Vereinen hinaus, anstatt sie wirklich geduldig zu fördern. Die Verweildauer der Kaderathleten ist zu kurz, die drop-out-Quote zu hoch für die Kosten, Güllich und Emrich haben das im Detail erhoben und untersucht.

    Frage: was ist besser: 1 siebzehnjährige Sportpistolenschützin zu haben, die 555 Ringe schießt (olympic MQS), oder 20 davon mit 470-530 ? Es ist auch eine Frage der Nachhaltigkeit. Einer der besten OSP-Schützen der Welt (Daniel Khan-Leonhard, Weltmeister) hat nach 8 Jahren Sportkarriere mit Anfang seiner 20er Jahre den Sport völlig an den Nagel gehägt, und ist jetzt freiberuflicher Künstler im Schwarzwald. Auch ein schöner Wechsel.

    Nachtrag: "Keine Aussagen gab es zu der Anzahl und Güte von Trainern."
    Ein talentierter Leistungsschütze hat wesentlich mehr von einem individuellen Heim- oder Vereinstrainer ohne große formelle Meriten. aber mit pädagogischem Talent (der sie/ihn dreimal die Woche trainiert), als von einem Kadertag bei einem Diplomtrainer DSB mit 8 anderen einmal im Monat. Siehe Abhinav Bindra.

    Carcano

  • In den letzten Jahren habe ich mit vielen Schützinnen und Schützen unterhalten, die in der Jugend- und Juniorenklase im Bayernkader waren und nach ein bis drei Jahren wieder ausgeschieden sind. Ihr Tenor ist: In Bayern "entstehen" jedes Jahr so viele Nachwuchsschützen, die 390+ treffen können, dass sich der Landeskader gar nicht richtig um diese Talente kümmern muss, um sie zu halten. Frei nach dem Motto: Wir haben ja genug und wenn du nicht willst, dann schießt eben ein anderer Kader.

    Auf Grund dieser Situation sind die Trainer gar nicht gezwungen mit einer Schützen über längere Zeit zusammenarbeiten zu müssen und ihn bei seiner Entfaltung zu unterstützen. Sie bekommen ja bereits relativ gut geschliffene Rohdiamenten, die schon viel können. Und was der eine nicht kann, das kann vielleicht der andere, der nur auf einen Einsatz wartet. Warum also mit jemandem aufhalten, der ein Tief hat???

  • Heulkrämpfe statt Medaillen

    Statt Tränen der Freude gab es Tränen der Enttäuschung. Nach dem frustrierenden Auftakt bei den Sportschützen nahmen sich die deutschen Athleten gegenseitig ins Visier.


    Zitat

    Der Frust darüber, dass im Gegensatz zu den Spielen von Atlanta 1996 weder die erste Medaille (Petra Horneber) noch das erste Gold (Christian Klees) für das deutsche Olympiateam heraussprang, leugnete Gabelmann allerdings nicht: "Wir sind enttäuscht, weil wir eine Chance verpasst haben. Eine schnelle Medaille hätte uns wieder mal etwas Aufmerksamkeit verschafft."

    Dieses Vorhaben ging daneben, weil die als Favoritin gestartete Pfeilschifter "die Hose gestrichen voll" hatte und Horneber als Neunte sogar das Finale verpasste. Pfeilschifter gab zu, große Angst "vor dem Verlust der Sporthilfe" gehabt zu habe, die sie sich mit einem Platz im Finale weiterhin sicherte. Bronze verpasste sie um 1,3 Ringe, statt der nervelnden Deutschen wurde die US-Amerikanerin Nancy Johnson erste Siegerin von Sydney.

    Schützen: Heulkrämpfe statt Medaillen - manager magazin - Finanzen

    BBF

  • Hallo Karl,

    schau Dir einfach mal die folgende Bilanz an. Du wirst in Deutschland zur Zeit niemanden sonst mit so einer hohen Anzahl internationaler Erfolge finden, den Schumann mit seinen olympischen Medaillen mal außen vor gelassen.

    http://www.issf-sports.org/shooters/shoot…HGERW2901197101


    Aber statt stolz zu sein auf unsere im Prinzip einzige Schützin von wirklichem Weltklasseformat, üben wir uns lieber in systematischer Demontage. Niemand in der internationalen Schützenwelt hat ihre Nichtnominierung LG bei den Spielen verstanden. Die Verwunderung darüber konnte man sogar deutlich auf den Seiten der sonst immer um Neutralität bemühten ISSF nachlesen.

    Meine persönliche und auch subjektive, aber deswegen sicher nicht unzutreffende Bewertung, kannst Du hier nachlesen.


    Mit bestem Schützengruß

    Frank