Meisterschaften Freie Pistole Schützenklasse

  • Dass es hier der ISSF gelungen ist, Schießen - und auch noch mit Patronenwaffen - überhaupt drin zu behalten, ist schon einmal eine beachtliche Leistung, die unter den Betroffenen oft zu wenig als solche wahrgenommen wurde. Die Kritik innerhalb der ISSF (z.B. von Rossi) scheint mir deshalb auch wenig redlich.

    Sorry, wenn ich da widerspreche, aber aus meiner Sicht hat die ISSF nur zu retten versucht, was sie letztlich selber zu verantworten hatte. Das sich die Olympische Uhr weiter gedreht hat und es sehr auf Kommerz und Vermarktbarkeit ankommt, ist eine Tendenz, die schon in den 90ern mit der Aufnahme von Beachvolleyball, Mountainbike und Triathlon zu erkennen war. Einzige Reaktion der ISSF war, an den regulären Wettkampf noch ein Finale anzuhängen, damit DIESES wenigstens interessant ist. Aber auch das ist aus meiner Sicht in die Hose gegangen, da dieses durch die Unübersichtlichkeit der unterschiedlichen Finalregeln in den einzelnen Disziplinen kaum zu vermitteln war. Selbst mir als durchaus kundigem Schützen fällt es schwer, die unterschiedlichen Regelungen in den Disziplinen (wieviel Schuß werden gemacht, bevor der erste Schütze rausfällt, wie viele Schüsse werden zwischendurch gemacht, bis der nächste rausfällt und zu guter Letzt noch der Wechsel der Finalregel bei SpoPi Frauen, wo man dann unter den letzten 4 noch ein Halbfinale und dann ein Finale austrägt) aufzusagen. Das diente Mitnichten der Attraktivitätssteigerung. Warum z.B. kann man die OSP nicht so "umbauen", dass zumindest im Finale "elektronische Fallscheiben" statt dieser "Treffer" bei einem Wert über 9,7 zu sehen sind. So kann JEDER, der die Scheiben sieht, auch die Wertung direkt vornehmen und muss nicht noch die roten und grünen Lämpchen irgendwo in der Gegend suchen.

    Auch diese "eseligen Vorkämpfe" sind ein Anachronismus, den man dringend überdenken muss. Es mag für den Sportler die sportliche Herausforderung sein, diese lange Distanz (gut) durchzuhalten, aber es interessiert keinen Zuschauer, da dieser diese Leistungen in keinster Weise nachvollziehen kann, wenn er nicht gerade schon mal sportlich geschossen hat. Das sieht beim Laufen, Radfahren oder Schwimmen schon anders aus, das hat jeder schon mal gemacht und kann sich da, zumindest ansatzweise rein versetzen.

    Wir werden zunehmend Probleme bekommen, diesen Disziplinenkanon tatsächlich bei Olympia zu halten. Aus meiner Einschätzung heraus wird man zumindest die Patronenwaffen innerhalb der nächsten 2-3 olympischen Zyklen heraus nehmen, da die entsprechenden Veranstaltungshallen mit den 50m-Bahnen sehr aufwendig sind und hinterher nicht mehr gebraucht werden.

    In diesem Zusammenhang muss man sich aber davon lösen, dass man alles, was man an der Spitze macht, bis an die breitensportliche Basis tragen muss. Hier kann man das Ganze in vielen Bereichen durchaus so lassen oder anders verändern. Die Spitzensportler trainieren dann halt ab einem gewissen Niveau anders. Das ist doch auch heute schon so.

  • Das sind interessante Argumente von Schmidtchen und ich bedanke mich erst einmal für den gut überlegten Widerspruch bzw. die anderen Sichtweisen. Im einzelnen möchte ich gerne darauf näher eingehen, oder es zumindest versuchen:

    Sorry, wenn ich da widerspreche, aber aus meiner Sicht hat die ISSF nur zu retten versucht, was sie letztlich selber zu verantworten hatte. Dass sich die Olympische Uhr weiter gedreht hat und es sehr auf Kommerz und Vermarktbarkeit ankommt, ist eine Tendenz, die schon in den 90ern mit der Aufnahme von Beachvolleyball, Mountainbike und Triathlon zu erkennen war.

    Da hast Du sicher recht. Aber es war halt sehr lange Zeit weder in der ISSF noch in den nationalen Verbänden (oder gar in den bis in die 2000er Jahre sehr schwach aufgestellten Kontinental-Konföderationen, erst die ESC unter Lisin hat das dann geändert) irgendeine Bereitschaft vorhanden, die Außenwirkung des Schießsports auch mal unter dem Gesichtspunkt der Vermarktbarkeit und Darstellbarkeit kritisch zu überdenken und gg. geheiligte Kühe zu schlachten.

    Zitat
    Einzige Reaktion der ISSF war, an den regulären Wettkampf noch ein Finale anzuhängen, damit DIESES wenigstens interessant ist. Aber auch das ist aus meiner Sicht in die Hose gegangen

    Da hast Du wohl leider recht. Interessierte Leistungsschützen schauen sich ein Finale gern an. Aber auch nur die.

    Zitat

    Wir werden zunehmend Probleme bekommen, diesen Disziplinenkanon tatsächlich bei Olympia zu halten. Aus meiner Einschätzung heraus wird man zumindest die Patronenwaffen innerhalb der nächsten 2-3 olympischen Zyklen heraus nehmen, da die entsprechenden Veranstaltungshallen mit den 50m-Bahnen sehr aufwendig sind und hinterher nicht mehr gebraucht werden.

    Ich weiß nicht... denkst Du da z.B. an as Lord Roberts Centre in Bisley? Das ist zugegebenermaßen ein Negativbeispiel - ein weißer Elefant und unternutzter Kostenfresser, dessen Vermietung für Hochzeitsgesellschaften etc. immer mehr zurückgeht. Doch 50-m-Finalstände als Hallen kann man durchaus mehrfach nutzbar bauen. Ich glaube, da siehst Du zu stark auf die früheren (teuren) 300-m-Anlagen.

    Zitat

    In diesem Zusammenhang muss man sich aber davon lösen, dass man alles, was man an der Spitze macht, bis an die breitensportliche Basis tragen muss. Hier kann man das Ganze in vielen Bereichen durchaus so lassen oder anders verändern.

    Ja. Es ist eine (zu) unreflektierte Praxis der DSB, alles, was die ISSF macht und immer mal wieder ändert, unbedingt getreulich 1:1 in die nationale Sportordnung übernehmen zu wollen. Dabei wäre das überhaupt nicht nötig, und erst recht nicht unterhalb der DM.

    Carcano

  • Schießen mit Licht beim modernen Fünfkampf zählt übrigens nicht als schießen.

    Das sehe ich auch so. Moderner Fünfkampf fällt aber in der Öffentlichkeit noch weniger auf als der Schießsport an sich. Mal sehen bis wann der Fünfkampf gestrichen wird.


    Auch diese "eseligen Vorkämpfe" sind ein Anachronismus, den man dringend überdenken muss. Es mag für den Sportler die sportliche Herausforderung sein, diese lange Distanz (gut) durchzuhalten, aber es interessiert keinen Zuschauer,

    Das "Leid" teilt man sich dann aber auch mit genug anderen Sportarten.

    Nicht alle seine Fähigkeiten und Kräfte soll man sogleich und bei jeder Gelegenheit anwenden. - Baltasar Gracián

  • Welche olympische Sportart hat denn auch dieses Problem?

    Warum machst du aus einem "Leid" ein Problem?

    Die Frage kannst du dir selbst beantworten. Wie viele Sportarten gibt es bei den Spielen bei denen "eselige Vorkämpfe" vor der Medaillenentscheidung durchgeführt werden? Bei wie vielen dieser Vorkämpfe interessiert es dich das Zusehen?

    Nicht alle seine Fähigkeiten und Kräfte soll man sogleich und bei jeder Gelegenheit anwenden. - Baltasar Gracián

  • Bei wie vielen dieser Vorkämpfe interessiert es dich das Zusehen?

    Nun, mich interessieren olympische Wettkämpfe grundsätzlich nicht und deshalb bin ich da nicht das Maß der Dinge. Aber es sollte DIR ja nun nicht schwer fallen die/diese Disziplin/en zu benennen. Aber mir fällt jetzt auch keine andere olympische Sportart ein, bei der sich die Abläufe derart stark im Vorkampf und Finale unterscheiden wie beim Schießsport.

  • Aber mir fällt jetzt auch keine andere olympische Sportart ein, bei der sich die Abläufe derart stark im Vorkampf und Finale unterscheiden wie beim Schießsport.

    Genau das ist ja der Knackpunkt. Bei den anderen Sportarten gibt es jeweils Aussscheidungsrunden nach dem gleichen Modus wie das Finale. Das man da, je nach Kapazität der Sportstätte, mehrere Runden durchführen muss, um alle Sportler bis auf die maximale Kapazität zusammenzuschrumpfen, ist klar.

    Aber dort, wo eh alle quasi "in einem Durchgang" starten können, brauchte man nicht zwingend noch ein Finale nach anderem Modus. Z.B. gibt es im Marathon auch nicht mehrere Runden, da alle auf einmal laufen (können). Hat zwar sicher auch was mit der Machbarkeit mehrerer Läufe in 2 Wochen zu tun, aber der eine oder andere taucht ja dann auch noch bei den 10.000m auf. Radfahren ähnlich.

  • Interessierte Leistungsschützen schauen sich ein Finale gern an. Aber auch nur die.

    Ich schau mir gerne mal die Finale des ISSF auf Youtube an. Aber Sportpistole ist für mich uninteressant, weil es eine andere Taktik als mein Wettkampf hat.

    Im ISSF Finale SpoPi geht es nur darum, die 10 zu treffen, alles andere ist egal. Da kann es auch eine 5 sein. Wenn ich in meinem Wettkapf die 10 nicht treffe, sollte es schon die 9 sein, ausnahmsweise auch die 8, aber keinesfalls die 5. Im ISSF Finale lohnt es sich also, den Schuss so lange zu "korrigieren", bis es eine 10 gibt, auch wenn man dadurch ganz woanders hingerät. Ich schieße lieber eine saubere 9, als noch zu korrigieren mit Gefahr zur 5.

    Aber ich bin auch kein Leistungsschütze. ;)

    Gruss, Marcos

  • Ich glaube, da stellst Du Dir etwas falsch vor. Das Finale in Pistole 25m wird ja auf die große Schnellfeuerscheibe geschossen, und jeweils in drei Sekunden pro Schuss (fünf Fünferserien im Semifinale). Da ist nicht mehr viel los mit "Korrigieren" innerhalb der 1,5 Sekunden der Verzögerungs- und Auslösephase. Wer das trotzdem noch zu unternehmen versucht, der haut sich selbst sehr schnell aus dem Finale. Kann jede(r) selbst im Training des Duellteils überprüfen.

    Einmal editiert, zuletzt von Carcano (22. Dezember 2017 um 12:25)

  • Carcano Es wird nicht mehr mit Halbfinale und Finale geschossen. Ist jetzt eine reine Hit or No Hit Elimination. Aber mit dem Rest hast du vollkommen recht.

    Marcos Außerdem ist es min. eine 10,2. Da ist nichts mit korrigieren. Habe bei den Topschützinnen im Finale auch noch nie eine 5 auf den Monitoren gesehen :)

  • Ja, das mit dem "korrigieren" war nicht wörtlich gemeint. Aber beim Finale gilt halt 10,2 oder egal. Ist da der Ablauf und die "Strategie" genau so wie beim normalen Duell? Oder geht man da anders ran?

    Gruss, Marcos