Probleme im Jugendschießsport

  • Wir haben hier ja einige gute und engagierte Mitglieder / Poster, die sich sehr engagiert und sehr erfolgreich der "Jugendarbeit" im Schießsport widmen. Man darf diesen Begriff freilich nicht mit Nachwuchsgewinnung gleichsetzen, dss wäre falsch. Grundfalsch sogar !

    Zu diesen postern gehören zum Beispiel Califax, Lanfear, no.limits, früher auch sobigrufti (der leider seit Jahren nicht mehr hier schreibt). Die machen alle einen tollen Job, in vielerlei Beziehung. Und das ist oft ein Job, der nicht genügend emotional gewürdigt wird, und von den Verbänden zumindest in materieller Hinsicht oft nicht genügend anerkannt wird.

    Aber eine intensive, auf (Hoch)leistungssport zielende Vereins- und Trainingsarbeit, kann auch recht problematisch sein. Dazu habe ich früher mehrfach ausführlich hier geschrieben, insbesondere zu der Problemen und der nicht seltenen Dysfunktionalität des alterhergebrachten "Kadersystems" früherer Prägung. Der Schießsport hat teilweise ja auch schon darauf reagiert, nämlich mit flexibleren, jugendgerechteren und niederschwelligeren Angeboten.

    Hier ist nun ein Link, gerade auch für die oben von mir Angesprochenen, zu einem recht anregenden und wie immer bei diesem Autor erfrischend gedachten und geschriebenen Artikel zum Komplex "Jugend - Freizeit - Sport":

    https://sport-nachgedacht.de/wiss_beitrag/f…keit/#more-4683

    Carcano

  • Dann möchte ich mal als einer der Angesprochenen meinen Senf dazugeben:

    Vom Landesverband wurden wir Trainingsstützpunkte dazu verdonnert, alle Landeskaderschützen oberhalb der Schülerklasse mit in das Monitoringsystem des IAT zu pressen, so wie es bisher nur für die Bundeskader verpflichtend war (und wie ich es darum von meiner Tochter kenne).

    Das halte ich für übertrieben und kontraproduktiv. Unsere Kritik wurde abgebügelt mit: "Ihr macht zwar sehr gute Arbeit im unteren Kaderbereich, aber wir brauchen mehr Bundeskader und dazu ist mehr strukturiertes Training nötig!" (nicht wörtlich, sondern aus dem Gedächtnis zitiert)

    Ich bin der Meinung, die Bundeskader werden zu solchen weniger "durch strukturiertes Training", sondern durch Ehrgeiz, ihr eigenes Engagement, den eisernen Willen, zur Elite zu gehören. DANN ist das tägliche Monitoring sinnvoll. Solange wir hier über Freizeitsport, auch im leistungsorientierten Bereich, reden, ist das ganz was anderes.

    Wobei ich mich über jeden Sportler (m/w/d) freue, der den Biss hat, in den Nationalkader aufzusteigen und sich dort auch zu behaupten!

    Ja, wir "produzieren" erstmal leistungsorientierte Freizeitsportler - und eröffnen ihnen dann auch den Weg "nach oben" - wobei, wenn man mal ganz ehrlich ist, im Schießsport die Karriere nicht mit Dollar oder Euronen gepflastert ist. Der Spitzenathlet im Schießsport ist ein im Prinzip unterbezahlter Spezialist, der seine Seele sowohl seinem Verband als auch seinem Dienstherren verkaufen muss. und der, sobald er ausgebrannt ist, weggeworfen wird und seine Brötchen mit einer viertel Trainerstelle und 3 weiteren Jobs verdienen darf, wenn er nicht verbeamtet ist (kenne da einen ehemaligen DDR Olympiateilnehmer ...)

    Zitat von Freizeitsport für Jugendliche


    Jugendliche wollen wie die Erwachsenen schwimmen, baden, spielen. Weniger wollen sie dabei ihren Körper gesund erhalten, sie wollen sich einfach wohlfühlen, sich entspannen

    Genau. Die Kinder und Jugendlichen kommen zu uns, weil es ihnen Spaß macht. Weil sie ihre anderen Freunde treffen. Weil sie sich über alles Mögliche untereinander austauschen wollen (Computerspiele, Comics, Jungs, die Pauker ...). Die Erwärmung vor jeder Trainingsstunde wird in der Regel genau dafür genutzt.

    Zitat

    Wenn man im Sportverein ist, sollte es leger, zwanglos, unbeschwert und sorgenlos zugehen.

    Das ist jedoch beim Schießen schwierig, aber das merken die Kids schon gar nicht mehr. Die Sicherheitsregeln sind nach relativ kurzer Zeit in Fleisch und Blut übergegangen und keine Diskussion wert. Wir Trainer geben ihnen auch das Gefühl, das wir alles Menschenmögliche für sie managen. Vielleicht sogar zu viel.

    Zitat

    Jugendliche wünschen sich, dass im Sportverein neuartige Erlebnisse gemacht werden können, dass sie neue Rollen spielen dürfen, die ihnen außerhalb des Vereins verwehrt werden, dass sie sich behaupten und bewähren dürfen.

    Das stimmt. Wenn wir Veranstaltungen für Externe planen, sind unsere Jugendlichen gern dabei, Verantwortung zu übernehmen: Als Hilfs-Aufsicht und beim Erklären, "wie man richtig schießt".

    Zitat


    Sie möchten im Wettkampf einmal siegen, sich im Leistungssport bewähren,

    Auch das. JEDER unserer Nachwuchsschützen nimmt an Wettkämpfen teil. Fakultativ sind z.B. "Schießen mit Musik" in Leipzig, die Teilnahme an der Regionaljugendliga (6 Termine an 6 verschiedenen Schießstätten der Region), Christmascup in Suhl, ...

    Obligatorisch sind VM, KM, LM zur Qualifikation zur DM in München.

    Aber nicht jeder kann da auf dem Treppchen stehen. Darum eröffnen wir allen 14-jährigen die Möglichkeit, auch an den Landesmeisterschaften des BDS teilzunehmen. Und da sahnen meine Kiddies IMMER ab, häufig mit besseren Ergebnissen als so manche Erwachsene.

    Auf jeden Fall lieben es die Jugendlichen, insbesondere auf reaktive Ziele zu schießen (Fallscheibe) - egal, mit welcher Waffe. Für den DSB-Leistungssport ist das dann sozusagen "Kontrasttraining" - für die Kiddies Spaß und Abwechlung.

    Ganz wichtig finde ich übrigen diesen Satz:

    Zitat


    warum so viele Jugendliche ihr Leistungstraining ab dem 16. Lebensjahr abbrechen, müsste geprüft werden. Eine intensivere Einbeziehung der Eltern in den Trainings- und Wettkampfbetrieb scheint notwendig zu sein.

    Wenn das Training keine FREIZEIT ist, die man gern verbringt, dann werden mit 16 Jahren die Lehre bzw. das Abi wichtiger, ebenso Sexualpartner und Freunde.

    Ab 17 bis 18 ist es wichtig, die Jugendlichen fit für und heiß auf eine WBK gemacht zu haben. Dann ist die Fluktuation nicht ganz so arg.

    Jeden Tag ´ne grüne Tat: Verbieten, was ein andrer mag!

    "Das Scheibenbild zeigt zum Schützen." (DSB Sportordnung 0.4.1.1)

  • Hallo Carcano und Califax,

    danke für den Link und die Zusammenfassung.

    VG

    Holger

    C-Trainer DOSB - Steyr Challenge - Anschütz 1913 in Tesro Evolution-Schaft mit Simalux ZF - Walther LP 400 - TOZ 35 mit Lottes Balance