Ist hier jemand aus Berlin und kann mal berichten wie es sich dort als Sportschütze lebt?
Na ja, das ist relativ simpel...
Ich habe vor 20 Jahren in der Schützenklasse angefangen, bin jetzt in Herren II und fühle mich da sehr einsam.
Zu Beginn habe ich mich nicht mal für die Landesmeisterschaften LG/LP qualifiziert, weil da noch viele mitgeschossen hatten, inzwischen sind wir sowohl bei den Herren I oder auch II im LG Bereich nur noch ne Handvoll Schützen, die da antreten und uns gleich für die LM qualifizieren. Im LP Bereich sieht es etwas besser aus.
KK schießen in den Altersklasse inzwischen so wenige Schütz*innen, dass die Klassen zusammengelegt, sowie Männer und Frauen zusammen den Meister ausschießen.
Nicht überraschend ist jedoch der Anteil der Auflageschützen in allen möglichen Seniorenklassen. Das ist da ne Massenabfertigung.
Einige schießen parallel im DSB und BDS, andere sind komplett gewechselt oder auch aus Berlin weggezogen.
Wir bekommen unsere LG Landesliga nicht mehr mit 8 Mannschaften zusammen, da es darunter in der Verbandsliga auch nur wenige Mannschaften gibt und die nicht aufsteigen wollen. Dafür aber gibt es aber viele Auflagemannschaften, wir stellen alleine 4 aus unserem Verein.
Sportschießen findet in Berlin auch weitestgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit statt. Umzüge, wie z.B. von der Schützengilde zu Spandau finden so gut wie gar nicht mehr statt und es gibt nur sehr wenige Möglichkeiten für einen Schützenverein, sich bei öffentlichen Veranstaltungen zu präsentieren. Dazu kommen ja immer noch die Generationen, die damals vor dem Wehrdienst nach Berlin geflüchtet sind, das macht sich bei der allgemeinen Stimmung auch bemerkbar. Mit Schulen zu kooperieren ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit, das bekommt kein Lehrer durch einen Elternausschuss.
Ich kenne das aus meinem alten Verein, die "Oldies" waren wenig innovativ und alles, was man hätte organiseren können, um sich zu präsentieren und Mitglieder zu gewinnen, wurde immer nur als Belastung angesehen. Inzwischen sind wir mit unseren Nachbarn fusioniert, da sind wir nun etwas verjüngt, aber trotzdem ist es in erster Linie auch immer erst mal ein harter Kampf, sich intern gegen die Bedenken der älteren durchzusetzen.
Dazu findest Du kaum noch Personen, die Funktionen in einem Verein übernehmen könnten und wollen. Ebenso fluktuieren im Verband diverse Positionen relativ häufig.
Es gibt Vereine, die etwas weiter am Stadtrand liegen, die vielleicht etwas mehr Zulauf an Jugendlichen haben. Gefühlt wird das aber weniger, je zentraler das wird. Dazu kommt, dass es nur wenige Vereine gibt, in denen ein richtiges Training für die Schützen stattfindet, bei der NBSG oder beim PSV Olympia z.B. Da hast Du auch moderne elektrische Anlagen. Wenn ich mir aber alles mehr oder weniger selber beibringen muss, was das Sportschießen angeht, dann steht und fällt das mit meiner Eigenmotivation, etwas erreichen zu wollen.
In Berlin hast Du aber auch 1000 Möglichkeiten, irgendeinen Sport zu treiben. Ehrlicherweise würde ich hier auch nicht als erstes daran denken, in einen Schützenverein zu fahren, ich wüsste nicht mal, das es hier welche gibt. Wenn Du nicht jemanden kennst, der das auch macht und darüber reinrutschst, dann ist das nicht so wahrscheinlich.
Die Verbandshomepage hat ein Flair von vor 20 Jahren und auch viele andere Vereine haben entweder erst gar keine Homepage oder eine Social Media Präsenz.
Ich denke, dass sind so unsere größten Probleme, kurz mal angerissen...