Hocker- Auflageschütze schießt z.B stehend Freihand auf Meisterschaften

  • Ich befürchte, scherge, dir fehlt etliches an Hintergrundwissen.

    Die Befürchtung ist unbegründet, ich wollte mit meinen Beispielen auch nur aufzeigen, dass es immer irgendwelche Hilfen geben wird, die andere ausnutzen. Für die einen sind sie als Erleichterung gedacht, die anderen kommen aufgrund von Altersgrenzen oder was auch immer nicht in den Genuss, und dann gibt es die, über die Ihr herzieht, die sich angeblich die Hilfen erschleichen.

    Und mir wird eher bei solchen Phrasen speiübel

    Wer ein Handicap aufweist, der startet entweder in einer eigenen Klasse oder gar nicht. Die Paralympics werden allein deshalb durchgeführt.

    da fällt mir aber alles aus dem Gesicht.


  • Wer ein Handicap aufweist, der startet entweder in einer eigenen Klasse oder gar nicht. Die Paralympics werden allein deshalb durchgeführt.

    Puh, was soll man da noch sagen? Willkommen im 18. Jahrhundert mit all seinen tollen Vorurteilen. Bist du dir eigentlich darüber bewusst, was du da geschrieben hast? Schon mal was von Inklusion gehört?

  • Sicher hätte mich mich geschickter ausdrücken können, aber das ändert am Sachverhalt nichts.
    Selbst Sen B, selbst bandscheibengeschädigt und von diversen Zipperlein geplagt, würde ich ohne Probleme das notwendige Gutachten vorweisen können, um ggf im sitzenden Anschlag zu schießen.
    Aber für mich lehne ich einen sitzenden Anschlag im Wettbewerb mit stehenden Sportfreunden ab und bewerte dies als unsportlich!
    Hätte mir jemand gesagt das es solche Ausnahmen gibt, ich hätte ihm nicht geglaubt, glaube aber der an sich unglaublichen Schilderung von dododogge.

    Es ist jeder Fliegenschiss bezüglich der zulässigen Schießbekleidung geregelt und ein Außerachtlassen der Vorgaben führt letztendlich zur Disqualifikation, um so weniger Verständnis habe ich für Ausnahmeregelungen zugunsten Einzelner.

    Auch das Auflageschießen ist ein durchaus anspruchsvoller Schieß- und Ausgleichssport (für einzelne Leistungssport im Streben nach Höchstleistungen) für diejenigen die es ernsthaft betreiben und da kommt es immer darauf an, dass in der Leistungsspitze für alle gleiche Bedingungen gelten.

    Nicht ganz ernst gemeint, aber vor dem Hintergrund dieses Themas halte ich das Ansinnen, dass ein 1,62 großer Basketballspieler eine Trittleiter mitführen möchte, nicht für abwegig.
    Gruß
    Joachim

    Stammschießen?
    Ich bin dabei!

  • Vielleicht wäre es besser, wenn einige hier die einschlägigen Regeln lesen würden. Es gibt keine "Sondergenehmigungen" und auch keine "Ausnahmen".
    Es gibt aber Hilfsmittel für klassifizierte Behinderte.

    Mit freundlichstem Schützengruß
    Johann

  • Nachtrag: "Der feine Unterschied" !

    Antrag über den Bezirk an den Landesverband zu stellen:
    Antrag auf Hilfsmittel für Körperbehinderte ohne Klassifizierung (neu ab 31.07.2014)
    Folgende Unterlagen sind diesem Antrag beizufügen:

    Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes oder eine Diagnose vom Arzt.

    Der Landesverband behält sich eine Untersuchung durch den Verbandsarzt vor.
    Der Antrag wird vom Stammverein gestellt und vom Bezirksschützenverband mit „ja“ oder „nein“ befürwortet.

    Und dann gibt es (neu ab 03.09.2014) noch den :
    Antrag Auf Startgenehmigung für Körperbehinderte geregelt in der Sportordnung Teil 10

    Anmerkung im Antrag dazu:
    Angefügt ist eine Kopie des Klassifizierungsausweis des DBS oder - wenn noch nicht
    klassifiziert - eine Kopie des Behindertenausweises bzw. zumindest
    des Abschnitts des Bescheids des Integrationsamts (ehem. Versorgungsamts), aus dem der Grad der Behinderung hervorgeht.

    Letzteres ist wohl dass, was hier in diesem Thema unter „Behinderte Schützen“ verstanden wird.
    Und gegen deren Teilnahme ist mit Sicherheit nichts einzuwenden.

    Praktiziert wird es bisher aber von einigen Schützen nach dem oberen Antrag auf Hilfsmittel.

    Es kann aber sein, dass dieses in Kürze entfällt, da zur Zeit die Seite 10 in (Teil 9 der Sportordnung für das Auflageschießen) leer
    ist und noch die Regel 0.7.3 der Sportordnung Anwendung findet. Darin kann ich aber inhaltlich nichts finden.

  • Beide von dir genannte Möglichkeiten, ein Hilsmittel einsetzen zu dürfen sind im Regelwerk festgehalten. Man kann doch niemand vorwerfen, nach gültigem Regelwerk an den Start zu gehen. Das Eingangspost bezog sich aber genau auf einen Schützen, es wurde nicht das Regelwerk kritisiert sondern nur sehr polemisch die Schützen, die es anwenden.

    Mit freundlichstem Schützengruß
    Johann

  • Na hier geht ja die Post ab, nur werden leider einige Dinge miteinander vermischt (die leider auch teilweise wonirgends so ganz klar stehen).

    1. Die neuen Regelungen für Behinderte, (die sowieso erst ab dem Sportjahr2015 gelten) sehen eine offizielle Klassifizierung durch einen zugelassenen Klassifizierer vor. NUR DANN noch darf offiziell mit Hilfsmittel geschossen werden. Alleine eine Bescheinigung eines Haus- oder Fachartzes (der ggf. aber gar kein Fachwissen übers Sportschießen und die damit verbundenen Belastungen für die Sportler hat, wird zukünftig nicht mehr ausreichen). Diese Regelung hat aber derzeit eine Übergangsfrist bis 2017 (ich vermute derzeit, das gemeint ist bis einschließlich Sportjahr 2017). Grund ist das Klassifizierungsverfahren, da nur eine sehr begrenzte Anzahl Klassifizierer zur Verfügung steht.

    2. Schützen, die dann klassifiziert sind DÜRFEN ein Hilfsmittel benutzen, um ihre durch die Behinderung bedingten Nachteile gegenüber einem durchschnittlichen normalen Schützen auszugleichen. Deshalb sollen sie dann auch MIT IHREM HILFSMITTEL in den normalen Klassen der Nichtbehinderten mitschießen dürfen. Das nennt man Inklusion. Es mag durchaus sein und Fälle geben, in denen ein behinderter Sportler mit einem Hilfsmittel besser ist als der Durchschnitt der anderen Sportler, aber das kann eben auch daran liegen, dass er besonders begabt ist und/oder besser trainiert als andere. Diese Unterschiede gibt es auch bei Nichtbehinderten. Problem ist natürlich, wie überall, zu beurteilen, werd gilt als Behindert und welches Hilfsmittel wird ihm gestattet.
    Am Fall des beinamputierten Markus Rehm im Weitsprung mit seiner Karbonprothese oder des Läufers Oskar Pistorius bei den Olympischen Spielen 2012 in London kann man erkennen, dass das eine sehr komplizierte Angelegenheit sein kann, deren Beurteilung meist mit irgendeinem Kompromiss einhergehen muss. Denn einiges hängt vom Betrachtungswinkel ab, will man diese Sportler integrieren und nimmt ggf. auch einen kleinen Vorteil dieser Leute in Kauf, oder will man absolute Sicherheit, dass sie keinen Vorteil haben und separiert sie lieber statt dessen. Eine absolut weise Entscheidung gibt es vermutlich nicht. Aber ich finde den Weg des DSB durchaus mutig, wenn auch noch gewisse handwerkliche Fehler gemacht wurden, aber auch das ist menschlich.

    Klar ist aber auch, dass die bisherige "Good Will" Hilfsmittelbescheinigung quasi über den Hausarzt und die sehr grobe Begutachtung in den Landesverbänden einer Menge Leute ein Hilfsmittel beschert hat, welches sie in Zukunft nicht mehr erhalten werden. und da wird es sicher einigen Unmut geben. Es mag auch durchaus sein, dass diese Leute eine gewisse Behinderung haben (ich will ihnen da gar keinen Manipulationsvorwurf unterstellen) aber ob diese im Vergleich zu den Nichtbehinderten und auch zu den Behinderten auch ein entsprechendes Hilfsmittel rechtfertigt, muss sich im Einzelfall zeigen. Auf jeden Fall sollten die Beurteilungen ein wenig gerechter zugehen.

    Übrigens hat man seitens des DSB ja schon einen Kompromiss gemacht, da man auch Menschen mit einem Behinderungsgrad ab 20% Grad der Behinderung zulässt. Im offiziellen internationalen Bereich sind hierfür 50% notwendig. Und hiererfolgt dann z.B. auch im nächsten Jahr eine Benachteiligung der stärker behinderten Schützen, da der DSB für seine Meisterschaften die weniger stark behinderten (AB-Klassifizierung, 20-49% Behinderung) und die stärker behinderten (SH1 oder 2 Klassifizierung, ab 50% Behinderung) Schützen in einer Klasse zusammen wertet (bisher waren diese beim Behindertensportverband in separaten Klassen eingestuft und ausgeschrieben). Das ist natürlich für die stärker behinderten Schützen, gerade im Kurzwaffenbereich ein Nachteil, aber auch damit müssen sie Leben. Absolute Gleichheit gibt es eben nicht.

    Also, das Ausgangsproblem dürfte nicht sein, ob der Schütze neben seinem Hockerschießen auch freihändig ohne Hocker schießen darf sondern vielmehr, ob seine derzeitige Behinderung tatsächlich so stark ist, dass er einen Hocker als Hilfsmittel benutzen darf. Nach den bisherigen Regularien hat er dieses Hilfsmittel wohl zugesprochen bekommen, ob das auch zukünftig so sein wird, bleibt abzuwarten.

    Übrigens, am Rande, ich selbst bin ebenfalls behindert und SH1 klassifiziert und dürfte auch auf dem Hocker oder bisher in der Schlinge (beim Gewehr) schießen, tue das aber schon seit Jahren nicht, weil ich mich so bewege, wie auch im alltäglichen Leben. Damit habe ich aber keine realistische Chance, tatsächlich in die absolute Spitze vorzudringen, da mein freier Stand eben Schwankungen unterworfen ist, die ein Hockerschütze SO nicht hat. Ich lebe aber ganz gut damit und erfreue mich meiner trotzdem vorhandenen Erfolge.

    @dododogge
    Meiner persönlichen Einschätzung nach dürfte die von dir aufgezeigte Regelung der Genehmigung eines Hilfsmittels in eurem Landesverband NUR aufgrund einer ärztlichen Bescheingung und OHNE Einstufung als Behinderter mangels Klassifikation zumindest ab 2017 (ab dann nur noch klassifizierte Hilfsmittelbenutzer) problematisch werden. Vermutlich wird das (zumindest ohne Regeländerung der SpO) dann nur noch als landesverbandsinterne Wertung laufen, ohne die Möglichkeit der DM-Teilnahme.

    Ist leider etwas länger geworden, aber manche Sachen kann man eben kaum kurz erklären.

  • Man kann doch niemand vorwerfen, nach gültigem Regelwerk an den Start zu gehen. Das Eingangspost bezog sich aber genau auf einen Schützen, es wurde nicht das Regelwerk kritisiert sondern nur sehr polemisch die Schützen, die es anwenden.

    Genau und diese Kritik ist einfach unangemessen weil nicht PC.

  • Den Beitrag von Schmidtchen schätze ich vor allem wegen seiner umfassenden Darlegung der verschiedenen Aspekte, womit er manches wieder auf die Füße stellt.
    Soweit es die Inklusion betrifft, habe ich eine andere Auffassung.
    Unter Inklusion verstehe ich vorrangig die möglichst ungehinderte und uneingeschränkte Teilnahme am sozialen Leben, fest eingegliedert in die Gesellschaft.
    Ein Mensch mit Handicap ist Bindeglied der Gesellschaft und die Art wie eine Gesellschaft mit benachteiligten Mitmenschen umgeht, ist ein Gradmesser für soziale Kompetenz.
    Soweit ich es erlebt habe, auch im eigenen Verein, geben wir uns nicht nur Mühe, sondern sind dabei auch sehr erfolgreich und geben unseren Jugendlichen dadurch ein Beispiel, dass wir immer wieder aufs Neue Solidarität mit einem manchmal etwas „auffälligen“ Mitmenschen einfordern.
    Der Erfolg wird besonders dann deutlich, wenn die soziale Gruppe der Jugendlichen sich mit ihrem gehandicapten Sportfreund solidarisiert. Für mich ist dies in der Rückschau eines am meisten beeindruckenden Erlebnisse und eine ganz wichtige Erfahrung. Aber ich will zugeben, dass es von Fall zu Fall nicht ohne steuerndes Einwirken der Betreuer ging, ändert aber nichts daran, dass alle Prozess Beteiligten sich in ihrem Verhalten verändert und an Kompetenz gewonnen haben.
    Wir wären aber nie, auch nicht im Ansatz auf die Idee gekommen, unserm Jugendlichen andere Bedingungen beim Schießen einzuräumen, als den übrigen. Er hat ausschließlich Auflage geschossen und war durch Anerkennung für konzentrierte Leistungen enorm zu motivieren. U.U. durch die Anerkennung der Jugendlichen Freihandschützen noch mehr, als durch die der Betreuer.
    Hätten wir Auflage- und Freihandergebnisse in einen Topf geworfen und gleich gewertet, dann hätten wir – dessen bin ich mir ganz sicher – unseren gehandicapten Jugendlichen nicht integriert, sondern geradezu extrahiert.

    Inklusion ist unumgänglich und eine gesellschaftliche Notwendigkeit.
    Inklusion bedeutet aber nicht, dass abweichend ausgeprägte Fähigkeiten im sportlichen Wettkampf durch ergänzende Hilfsmittel ausgeglichen werden müssen, vielmehr kommt es darauf an, dass eigene Leistungsklassen das Handicap egalisieren.
    Joachim

    Stammschießen?
    Ich bin dabei!

  • Unter Inklusion verstehe ich vorrangig die möglichst ungehinderte und uneingeschränkte Teilnahme am sozialen Leben, fest eingegliedert in die Gesellschaft.

    Sport ist aber genau ein Teil dieser Gesellschaft und hier gliederst du aus!

    Hätten wir Auflage- und Freihandergebnisse in einen Topf geworfen und gleich gewertet, dann hätten wir – dessen bin ich mir ganz sicher – unseren gehandicapten Jugendlichen nicht integriert, sondern geradezu extrahiert.

    das wär natürlich blöd aber in dem Beitragsstrang geht es aber im Grund um die gleichen Disziplinen oder? Nicht Stehend/aufgelegt sondern Aufgelegt/Aufgelegt!

    Gerade im Schießsport finde ich es schön wenn Frau gegen Mann, "Behindert" gegen "Normal", Alt gegen Jung usw. schießen kann. Dies ist in keinem anderen Sport der Welt so möglich und das macht mich stolz!
    Solltest du es nicht mitbekommen haben: Es gibt Schützen die sitzen im Rollstuhl und schießen sogar im "normalen" Weltcup mit und hätten sogar die Möglichkeit sich für die "normalen" Olympischen Spiele zu qualifizieren. Sind hier ein Rollstuhl oder eine Lähmung Hilfsmittel?

    Natürlich gehört sich kein Hilfsmittel erschlichen aber wie schon gesagt hier ist die Regel bzw. die Regelexekution schuld.


    Hier noch weiteres zum Lesen:

    http://www.schuetzenbund.at/oesb/stories/1…mma9-2012-2.pdf

    http://www.schuetzenbund.at/oesb/stories/1…mma9-2014-1.pdf

    Nicht alle seine Fähigkeiten und Kräfte soll man sogleich und bei jeder Gelegenheit anwenden. - Baltasar Gracián