Hallo Freundinnen/e des Schießsportes,
ein Mannschaftskamerad von mir ist mit seinen
Schießergebnissen unzufrieden. Er „schiebt“ dies auf die Munition und will über
einen Munitionstest für seine Waffe die „richtige“ Munition ermitteln. Ich sehe
es eher als ein Problem der Psyche, gleichwohl möchte ich den Gegenstand einmal
zur Diskussion stellen.
Es ist ein ständiges Thema und wurde in den Foren auch oft
behandelt. Es ist schon fast alles gesagt, aber nach meiner Überzeugung nicht mit
der/den richtigen Schlussfolgerungen.
Mir geht es um die Munitionsteste
vor einem Munitionskauf.
Machen sie Sinn?
Sind sie notwendig um das Beste
aus einer Waffe herauszuholen?
Um es vorweg zu nehmen, aus psychologischen Gründen macht ein
„Munitionstest“ durchaus Sinn, technisch halte ich ihn in der weit überwiegenden
Zahl der Fälle, bis auf wenige Ausnahmen für überflüssig.
Zum psychologischen Aspekt.
Schießen hat wie alles einen psychologischen Aspekt. Alles
was das Vertrauen in das Equipment stärkt, gibt Sicherheit im Training, vor
allem im Wettkampf und fördert das Leistungsvermögen.
Wer an das Ergebnis eines
Munitionstestes glaubt, der soll ihn durchführen oder durchführen lassen.
Erforderlich ist er nach meiner Überzeugung, bis auf Ausnahmen
nicht!
Begründung:
Die bei einem Munitionstest verschossene Menge Munition von
fünf oder zehn Schuss je Sortierung ist für eine statistische Festlegung
ungeeignet.
Das Ergebnis nach Höhen- und Seitenstreuung ist nicht mehr
als eine zufällige Momentaufnahme, in die unzulässige qualitative Aussagen
hineininterpretiert werden.
Die im Handel bereit gehaltene Munition wird in
unterschiedlichen Preisklassen angeboten. Die Katalogbeschreibungen sind
zumeist eher vage und ungeeignete Verwendungszuweisungen.
„Für Training und Wettkampf geeignet“, „für den
preisbewussten Schützen“, „für den ambitionierten Sportschützen“, usw.
Hinter den Beschreibungen, vor allem hinter den
Preiskategorien stehen qualitative Merkmale der Munition.
Den Herstellern sind die praktischen, unter laborähnlichen Bedingungen erzeilten Ergebnisse ihrer
Produkte genauestens bekannt, denn beständig werden der laufenden Produktion
Proben entnommen, geprüft und aus Standardläufen verschossen. Erfüllt ein Los die
Anforderungskriterien des Herstellers, wird die Munition der jeweiligen
„Leistungsklasse“ zugeordnet. (Los = die Menge X einer Munition die unter gleichen
Fertigungsbedingungen hergestellt wurde, also gleiche Qualitätsmerkmale
aufweist. Die Vergabe einer Losnummer erlaubt es bei einem Vorkommnis, Unfall
oder erhebliche Qualitätsmängel, die gesamte Munition dieser Losnummer auch von
Endverbrauchern zurückzurufen)
Wobei es aber keineswegs so ist, dass dem Los, dem eine Probe
entnommen wurde, sollte die Probe die Qualitätskriterien nicht erfüllen,
automatisch der nächstniedrigeren Stufe zugeordnet wird. Vielmehr würde geprüft
was die Ursache für Defizite ist. Eine Zuordnung zu einer „niedrigeren“
Qualitätskategorie ist aber auch nicht ausgeschlossen.
Je qualitativ höherwertig eine Munition ist, umso präziser wurden
die Patronen gefertigt. Form, Material und Dicke der Hülse, Menge und
Konsistenz der Treibladung, Qualität des Zündhütchens, Form und
Oberflächenvergütung des Geschosses etc.
In all diesen Ausprägungen führen kleinste Abweichungen zu
technischen Ablagen oder Ausreißern.
Man kann davon ausgehen, als Käufer muss man davon ausgehen,
dass sich die Qualität der Munition aus dem Preis ableitet.
Je höher der Preis, umso präziser wurde die Munition gefertigt,
umso enger die Schussgruppe aus einem nahezu optimalen Lauf.
Deshalb ist zu fordern, dass in den Munitionsofferten auch
Aussagen zu Qualität der angebotenen Munition gemacht werden und wie diese
ermittelt wurde.
Z.B. Schussentfernung 50
m, Schusszahl 100, Höhenstreuung max. 18mm, Seitenstreuung max. 15mm.
Mit diesen Aussagen wüsste der Käufer, was die Munition unter
optimalen Bedingungen (Technik/Lauf, kein Wind, mittlere Temperatur usw.) technisch
zu leisten vermag.
Woraus leiten sich die Unterschiede einzelner Schussgruppen
bei Munitionstesten mit unseren Sportwaffen ab?
Sieht man einmal davon ab, dass die weitaus größte Anzahl
aller Abweichungen auf den technischen Zustand der Waffe
zurückzuführen sind, sind es bei der Munition in aller Regel Fertigungsdifferenzen
von Patrone zu Patrone, wobei aber die geringe Anzahl der abgegebenen Schüsse bei
einem Munitionstest eine belanglose statistische Größe ist.
Das Schussbild müsste umso enger sein, je größer die
Qualität der Munition ist.
Es kommt immer wieder vor, dass günstige Munition ein
besseres Schussbild im Test aufweist als eine teurere.
Dies ist m.E. eher ein zufälliges Ergebnis, der unzureichenden
statistischen Größe.
Gerade dieser Fall offenbart aber auch das Dilemma. Da der
Kunde die Ergebnisse der Herstellerprüfungen nicht kennt, hat er keine Möglichkeit
– außer über den Preis – Qualität zu bestimmen.
Ist ein Munitionstest deshalb unnütz?
Nein!
Wer Spitzenleistungen erreichen will, wohlgemerkt
Spitzenleistungen mindestens auf nationaler Ebene, wird immer wieder
Munitionsteste durchführen.
Wobei diese Teste zugleich auch immer Waffenteste sind und
es ist wahrscheinlich so, dass die Hersteller durch eine Zahl x an Waffenläufen
und Munitionsproben zu jedem Lauf die optimale Munition für Spitzenschützen herausfiltern.
Für den „normalen“ Sportschützen auf Kreis- und Bezirksebene
und nicht zum oberen Drittel bei Landesmeisterschaften zählend, ist ein
Munitionstest nicht erforderlich. Sieht man einmal von der schon erwähnten
psychologischen Wirkung ab.
Ein Verschießen von Munitionsproben eines Loses zu mehreren
Schussgruppen – z.B. 5 5er-Gruppen - den halte ich immer wieder einmal für
sinnvoll. Hier wird aber nicht die Munition getestet, sondern die Waffe. Leider
ist es oft so, dass viel Sorgfalt auf die Auswahl der Munition verwandt wird,
aber die Waffe die notwendige Pflege oft nicht erhält. (Allein das ist ein
spannendes Thema.)
Auch hier können kleinste Veränderungen zu steten und oft
unerklärlichen Abweichungen führen. Wenn z.B. die Waffe im Schaft nicht „frei
schwingt“, sondern anliegt, wenn eine Laufverlängerung bei LG nicht zum System
passt und die nachschlagende Druckluft unkontrolliert verwirbelt oder wenn
durch frühere Verschmutzung der Lauf aufgebaucht oder einseitig beschädigt ist,
usw….
Ich vertrete die These, das unter laborähnlichen Bedingungen
– beständig gleicher (eigentlich derselbe) Zustand der Waffe, identische makellose
Munition und identische Umweltbedingungen – die Streuung gegen Null geht.
Dies ist aber eben nie, allenfalls näherungsweise zu
erreichen. Denn selbst der Zustand der Waffe verändert sich von Schuss zu
Schuss. Aus einer gründlich gereinigten Waffe weist der erste Schuss in aller
Regel – zumindest ist es bei mir so – eine markante Ablage auf. Bei mir 7/8 hoch
rechts. Der zweite Schuss liegt etwas näher an der Zehn, der dritte im
erwarteten Bereich. Bereits nach wenigen Schüssen sind im Lauf Rückstände zu
sehen und selbstverständlich haben diese Rückstände, wenn auch marginal, von
Schuss zu Schuss Einfluss auf die Flugbahn des Geschosses. Dass sich der Lauf
erwärmt und ein wärmerer Lauf dem Geschoss eine andere Richtung mitgibt als ein
kälterer, erwähne ich nur der Vollständigkeit halber. Keine dieser Abweichungen
ist gravierend, aber alle kommen stets vor und haben Einfluss.
Das Thema ist hiermit nicht annähernd komplett erörtert,
dies u.U. im Nachhinein einmal zu tun ist sicher eine interessante und lohnende
Aufgabe. Zunächst bin ich aber auf die Diskussion gespannt.
Gruß
HaJo