Olympische Spiele London 2012

  • Lieber Karl,

    die total nervenschwache Sonja aus Bayern hat doch tatsächlich wieder die deutsche Meisterschaft gewonnen, gegen alle total nervenstarken Olympiateilnehmerinnen und den Rest Deutschlands. Das war bestimmt bloß Glück.
    Was helfen Nerven wie Drahtseile, wenn man die Leistung, die man international für ein Finale braucht, nicht bringt?
    Sonja bringt diese Leistung seit Jahren, sie holt die Quotenplätze, da braucht sie sich nicht einmal weiterentwickeln. Ich glaube eher, die anderen sollten sich weiterentwickeln, damit sie auf der nächsten Olympiade, zu der die Sonja wahscheinlich schon zu alt sein wird (oder wieder ausgebootet wird), wenigstens ins Finale kommen!

  • Was helfen Nerven wie Drahtseile, wenn man die Leistung, die man international für ein Finale braucht, nicht bringt?


    Herzallerliebster,

    Hier beschreibst Du genau das Problem von Frau Pfeilschifter, sie bringt und bracht trotz der Tatsache dass sie eine oder sogar die Spitzenschützin ist diese Leistung bisher bei Olympischen Spielen nie rüber.
    Ein Problem das bisweilen auch andere Sportler haben.

  • Nein Karl, Sonja hat(te) kein Problem. Es wurde ab 2000 (von außen) zu einem Problem gemacht. Und nur bei ihr!

    Ein vierter und fünfter Platz bei den olympischen Spielen sind keine Looser-Ergebnisse. Auch nicht für Weltklasseschützen. Dazu war und ist die Leistungsdichte insbesondere im internationalen Gewehrbereich viel zu groß.

    Nur mal so am Rande: Wie viele Olympiasieger im Gewehrbereich hatten wir denn bisher so?


    Mit bestem Schützengruß

    Frank

  • Lieber Karl,
    vermutlich denkst Du wie die Verantwortlichen beim DSB. Wenn wir schon die Pfeilschifter nicht aufstellen wollen, weil sie unserer Meinung nach gemaßregelt gehört, dann nehmen wir doch gleich zwei nette Mädel, die sicher nicht ins Finale kommen, dann sind wir wenigstens nicht im Fernsehen.
    Ich jedenfalls habe lieber eine weinende Sonja auf Platz vier als eine gut aussehende Beate auf Platz 32, denn für mich gibt es bei Nominierungen nur die zwei Worte: Leistung zählt!

  • denn für mich gibt es bei Nominierungen nur die zwei Worte: Leistung zählt!

    Da kann ich Dir sogar zustimmen, nur hatte sie ja in der Vergangenheit bei Olympia gerade darauf verzichtet die Leistung zu zeigen. :)


  • Ein vierter oder fünfter Platz kein Looser-Ergebnis??? Ich erinner mich an die Bilder wie enttäuscht die Fans waren, als die Deutsche Fußball Nationalmannschaft bei der EM im Halbfinale ausgeschieden ist. Die breite Masse der Bevölkerung hat das Ausscheiden unter den besten vier Mannschaften Europas als Misserfolg abgestempelt und das gleiche gilt für eine ähnliche Platzierung bei Olympia. Es zählen nur die Medaillen!
    Wer erinnert sich noch an die Olympia-Plätze von Gottfried Kustermann? Kein Mensch! Ihn verbindet man mit zahlreichen Weltmeistertiteln und Medaillen bei der Deutschen. Wie ist bei Bernd Klingner? Keine Ahnung, ob der Mann jemals eine Medaille bei einer WM geholt hat, aber bei Olympia! Das merken sich die Leute und nichts anderes.

    An der Arbeit wurde ich diese Woche von unserem Geschäftsführer angesprochen wegen Olympia. Er meinte nur: "Diese Pfeilschifter schießt doch jetzt schon ewig. Die war doch jetzt schon bei ein paar Olympiaden dabei und hat noch nie was gewonnen. Die sollte langsam mal aufhören." Von den zahlreichen WM-Titeln weiß er nichts, er misst sie an ihrer Olympiabilanz und die ist mager.

  • Lieber Karl,
    Du meinst also, dass die Tatsache, dass sie bei den letzten drei Olympiaden 395, 396 und 396 geschossen hat und als schlechteste Plazierung Peking mit dem 12. Platz stehen hat, Dir dar Recht gibt, davon zu sprechen, dass die Sonja auf Leistung verzichtet hat? Ich glaube, sie hat ihre Leistung gebracht. Dass es nicht gelangt hat ist Geschichte und sie war schließlich jeweils die beste deutsche Luftgewehrschützin bei diesen Bewerben. Aber gibt das Deiner Meinung nach dem DSB das Recht, jemanden einzusetzen, der kaum einmal über 395 kommt und, so leid es mir für die beiden tut, reell betrachtet vom Leistungsvermögen her schon mal überhaupt keine Chance auf eine Finalteilnahme hat?
    Ich denke, eine gepflegte Ausscheidung mit einem Modus, der im Nachhinein auch nicht mehr verändert wird (eine Spezialität des DSB), wäre meiner Meinung nach die richtige Lösung in diesem Fall gewesen. Dann hätte sich niemand beschweren können. Die Olympiade ist halt kein Nachwuchsbewerb, zu dem man Schützinnen zum Lernen und "Reinschnuppern" schickt. Leistung zählt.
    Und nüchtern mit Sachverstand betrachtet wäre auch nur die "nicht weiterentwickelte" Sonja überhaupt in der Lage gewesen, ins Finale zu kommen. Statt dessen lässt man sié in ihrer schwächeren Disziplin starten. Gut gemacht, DSB! Die Medaillenausbeute und auch die Plazierungen sind ein Spiegel für die Arbeit der Verantwortlichen. die sich hier als psychologische Dilettanten geoutet haben.

  • Faszinierend diese blöde Olympia-Hörigkeit. Du hast deinen Geschäftsführer natürlich aufgeklärt, dass es im Moment (und hoffendlich noch einige Jahre) in Deutschland keine bessere Schützin gibt?

    BBF

  • Lieber Karl,
    Du meinst also, dass die Tatsache, dass sie bei den letzten drei Olympiaden 395, 396 und 396 geschossen hat und als schlechteste Plazierung Peking mit dem 12. Platz stehen hat, Dir dar Recht gibt, davon zu sprechen, ......

    Darum geht es daoch nicht, sie mag ja die beste Schützin sein, nur hat sie sogar noch öfters bei Olympia wie z. B. Iwan Lendl in Wimbledon bewiesen, dass sie gerade dort nicht gewinnen konnten. So gesehen habe ich eben für die Nominierung einer anderen durchaus Verständnis, auch wenn es ungerecht ist.

  • Faszinierend diese blöde Olympia-Hörigkeit. Du hast deinen Geschäftsführer natürlich aufgeklärt, dass es im Moment (und hoffendlich noch einige Jahre) in Deutschland keine bessere Schützin gibt?

    BBF


    Im KK 3x20 hat sie bei der Deutschen ja eindrucksvoll bewiesen, dass es keine bessere gibt :thumbdown: Aufklären kann man da nicht viel, vor allen, wenn man das Alter von Sonja betrachtet. Sie hat die letzten 20 Jahre zur nationalen und internationalen Spitze gehört, das wird sie aber sicherlich die nächsten 20 nicht mehr. Naja, dafür kann sie nächstes Jahr wenigstens wieder mit ihrer alten Weggefährtin Petra Horneber messen, die sich von der Altersklasse in die Damenklasse hat hochschreiben lassen, um wieder Konkurrenz zu haben.

  • Sie hat die letzten 20 Jahre zur nationalen und internationalen Spitze gehört, das wird sie aber sicherlich die nächsten 20 nicht mehr.

    Hat? vielleicht werden es die nächsten 20 Jahre nicht mehr sein aber so ein paar Jahre sind da schon noch leicht drin. Das geht halt in unserem Sport.

    Nicht alle seine Fähigkeiten und Kräfte soll man sogleich und bei jeder Gelegenheit anwenden. - Baltasar Gracián

  • Hat? vielleicht werden es die nächsten 20 Jahre nicht mehr sein aber so ein paar Jahre sind da schon noch leicht drin. Das geht halt in unserem Sport.


    Ja, sie hat zur Spitze gehört - auch wenn sie gemessen an Olympia nie Spitze war. Das ist leider ein unumstößlicher Fakt. Ob ein paar Jahr noch leicht drin sind, weiß ich nicht. Der Druck auf sie wird größer, sie wird älter und die Konkurrenz schläft nicht. Sie wird sich die nächsten Jahre auf jeden Fall beweisen müssen, denn mit ihrem Abschneiden in London ist ihr "Mythos" definitiv ins Wanken geraten und sie ist nicht mehr die unangefochtene Nummer eins in Deutschland. Das hat ihr Barbara bei der Deutschen im Kleinkaliber deutlich demonstriert.

  • Sie wird sich die nächsten Jahre auf jeden Fall beweisen müssen, denn mit ihrem Abschneiden in London ist ihr "Mythos" definitiv ins Wanken geraten und sie ist nicht mehr die unangefochtene Nummer eins in Deutschland. Das hat ihr Barbara bei der Deutschen im Kleinkaliber deutlich demonstriert.



    Na, da bin ich doch froh, dass es keine Garantie dafür gibt, dass es in vier Jahren irgendeine Medaille für den DSB gibt.

    BBF

  • Sie gehört zur Weltspitze. Da sprechen halt die Zahlen einfach für sie. Die Konkurrenz schläft nie. Nicht mal wenn man älter wird. Ich denke mir aber sie weiß das. Wer hat ihren Mythos denn ins wanken gebracht? Die "deutschen" Medaillensieger? Aja da ist es euch bei den Schießdisziplinen ja gleich wie uns gegangen... Die DM ist auch nur ein Wettkampf und man wird ja sehen was andere Wettkämpfe noch so bringen werden.

    Das mit Olympia ist Schade nur wird halt der DSB begreifen müssen, dass man die besten Athleten zu den Spielen schicken muss! Nicht nur auf Pfeilschifter bezogen sondern allgemein. Das Problem gibts aber nicht nur oben sondern auch bei Entsendungen im unteren Leistungsbereich.

    Nicht alle seine Fähigkeiten und Kräfte soll man sogleich und bei jeder Gelegenheit anwenden. - Baltasar Gracián

  • Wir Schützen produzieren ja im Gegensatz zu manch anderen Sportarten messbare und damit auch objektive Ergebnisse. Daher ist es auch mehr als vernünftig, diese Ergebnisse auch zum (alleinigen) Maßstab für Nominierungen zu nehmen. Nominierungen auf Basis bestimmter vorher festgelegter Ausscheidungswettkämpfe sind deutlich fairer als solche Entscheidungen nach eher fragwürdigen, da immer subjektiv empfundenen Kriterien. Überall da wo im Schießsport Nominierungen dieser Art getroffen wurden, gab es Ärger, weil die Nichtnominierten sich ungerecht behandelt fühlten. Und das ist auch verständlich, da solche subjektiven Kriterien im Grunde auch nicht viel mehr sind als bloße Meinungen.

    Aber selbst bei einer Nominierung durch eine Art Gremium hätte man aufgrund der vorliegenden Ergebnisse (National und International) der letzten zwei bis vier Jahre Sonja einfach nicht übergehen dürfen. Man hat ja auch in den USA Jamie Gray (Beyerle) vorher per Gremium nominiert. Nur war das eben aber auch aufgrund ihrer vorher erbrachten Leistungen und damit hatte dann auch niemand ein Problem. Sie hat es sich aber trotzdem nicht nehmen lassen, auch die Ausscheidungen mitzuschießen, um ihre Nominierung auch wirklich zu rechtfertigen.


    Noch eine Anmerkung zu diesem sorry dämlichen "hat ihre Leistung bei Olympia nicht gebracht". Der wohl seit langer Zeit wohl einzige internationale Schütze, von dem man mit Recht sagen kann, dass er in einer eigenen Klasse schießt und bei dem auch ein wirklich wahrnehmbarer Leistungsunterschied zum Rest besteht, ist wohl Sergei Martynov. Trotzdem hat auch dieser extreme Ausnahmekönner 24 Jahre und sechs Olympiaden gebraucht, um seine bisher einzige Goldmedaille zu erringen. Die dann allerdings auch auf recht eindrucksvolle Art. Und den Linoel Cox hatte an diesem Tag bestimmt niemand auf der Rechnung.


    @MichaelB

    Zumindest bei schon etwas älteren Schützen ist Gottfried Kustermann (oder Walter Gehmann) in sportlicher Hinsicht mit Sicherheit nicht weniger bekannt als Bernd Klingner. Peter Kohnke kennt hingegen (auch unter den Schützen) wohl kaum noch jemand, obwohl der auch einer unserer wenigen Olympiasieger mit dem Gewehr war. Und selbst der Name Silvia Sperber ist wohl heute einen breiteren Publikum nicht mehr bekannt.

    Du wirst unter den internationalen Schützen auch wohl kaum jemanden finden, der Sonja (aufgrund ihrer bisherigen Olympiabilanz) nicht zur absoluten Weltspitze zählt.


    Mit bestem Schützengruß

    Frank

  • Ich finde es traurig, wie man über Sonja Pfeilschifter teilweise herzieht.

    Sie hat die Quotenplätze für den DSB geholt, darf aber nicht antreten. Und - bezogen auf die reine Wettkampfleistung - ist sie immer noch die beste deutsche LG-Schützin. Konstanter als Sonja hat die letzten Jahre sicherlich keine andere in Deutschland geschossen.

    Über Matthew Emmons diskutiert ja zum Beispiel auch keiner. Und er hat's in zwei aufeinenderfolgenden Jahren bei Olympia auch versemmelt....

    Olympia ist nun mal ein ganz anderer Stress als DM, EM, WM oder auch ein Weltcup....


  • a) (...) Meines Erachtens ist das fairste immer ein Ausscheidungsschießen. Wenn man die besten LG Schützen/Schützinnen Deutschlands zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Ausscheidung schießen lässt, kann niemand meckern, wenn er nicht dabei ist. Das ist das Leistungsprinzip und in unserem Sport das fairste.

    Das war ein sehr schöner und äußerst inhaltsreicher Thread. Ich möchte noch eine Ergänzung beisteuern;
    Genau das, was Ben hier auf Olympia bezogen verlangte, hat Ines Michel (aus Deutschland importierte Chefin Spitzensport des SSV) jetzt in im Schweizer Leistungsschießsport umgesetzt.
    Klar hat eine ausschließlich ergebnisbezogene Nomierungspraxis nur nach Ringzahlen bei bestimmten fest angesetzten Schießen (trials, selections) auch Nachteile, klar hat eine gesamtheitliche Bewertung von Leistungsentwicklung und Prognose auch ihre Vorzüge. Klar richtet sich die Kaderauswahl nicht nur nach Nasenfaktor und Verbandpolitik ("wir sind Bayern und Hessen, *unsere* Schützen gehören in den Kader!"), Ben hat halt einige besonders negative Beispiele präsentiert. Viele der Auswähler bemühen sich sehr um nachvollziehbar-transparente Objektivität und Neutralität, das muss man anerkennen und einmal sagen.

    Aber Ines Michel hatte es damals in den Medien eigentlich sehr gut begründet: zum Höchstleistungssport gehört nicht nur hohes Potential, sondern auch die Fähigkeit, dieses Potential punktgenau zu einem bestimmten Zeitpunkt abzuurufen und zu realisieren. Und natürlich - das hat sie nicht gesagt, aber es ist der zweite Aspekt - wird durch die scheinobjektive Orientierung nur an Leistungszahlen vor allem die subjektive Unzufriedenheit der SchützInnen deutlich gemindert, und die Akzeptanz der Auswahlentscheidungen entscheidend erhöht. Das tut der Atmosphäre gut. Und das wiederum der Leistung, selbst in einem Individualsport wie dem unserem.

    Carcano