Krafttraining im Schießsport

  • Schießsport und Krafttraining

    Inspiriert von dem Thread ... und meinen eigenen Erfahrungen möchte ich heute einige Möglichkeiten und Beispiele zeigen,

    wie man das Pistolenschießen und den Besuch im Fitnessstudio miteinander kombinieren kann. Hier sei angemerkt, dass hier nur an der Oberfläche gekratzt werden kann,

    da zu viele individuelle Faktoren wie Verletzungshistorie, Defizite, Zielsetzung, Zeiteinsatz und weitere Dinge berücksichtigt werden müssen.

    Lesezeit ca. 15 Minuten

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    Allgemeines zum Krafttraining (KT)

    Splittung

    Die Splittung zeigt an, nach wie vielen Trainingseinheiten alle Muskelgruppen trainiert worden sind. Bei einem 2er-Split hat man also nach 2 Einheiten den gesamten Körper trainiert und

    beginnt demnach nach der 3. Einheit wieder von vorne. Ein 1er-Split wird allerdings lediglich als Ganzkörperplan (GK) bezeichnet, in jeder Einheit wird also der gesamte Körper trainiert.

    Nachfolgend einige Beispiele für verschiedene Splits.

    GK/Alternierender GK (Alternierender GK: Beanspruchung derselben Muskelpartien aber unterschiedliche Übungen) -> 2-3 Einheiten/Woche

    2er Split (Push-Pull, Oberkörper (OK)-Unterkörper (UK), Torso-Extremitäten,...) 3-4 Einheiten/Woche

    3er-Split (Push, Pull, Beine; Brust/Rücken, Beine/Bauch, Schultern/Arme; Brust/Arme, Beine, Rücken/Schultern,...) 4-5 Einheiten/Woche

    4er-, 5er-, 6er-Splits (Darauf werde ich hier nicht eingehen, da es für 99% der Trainierenden Schwachsinn ist)

    Diese Splittungen lassen sich während der Vorbereitungs- und Wettkampfphase nicht 1:1 von den Sportschützen übernehmen, da sie die Trainingsleistungen im Schießsport negativ beeinflussen (können).

    Freie Gewichte vs. Maschinen

    Freie Gewichte sind in 80% der Fälle zu bevorzugen. Punkt. Das Training an Maschinen ist mMn nur in zwei Fällen sinnvoll: Für Anfänger, die noch NIE in ihrem Leben vorher die nachfolgende freie und komplexe Übung ausgeführt haben (bspw. Beinpresse --> Kniebeuge) oder nach einer sehr langen Pause wieder anfangen, für Bodybuilder, die gezielt einzelne Muskelpartien herausarbeiten wollen. Das Training an Maschinen führt meist zu einer isolierten Belastung derjenigen Muskelpartien, die wirklich trainiert werden sollen. Da man allerdings im Leben außerhalb des Fitnessstudios nur sehr selten mit geführten Bewegungen zu tun hat, rate ich persönlich von Maschinentraining ab. Ausnahme bilden die beiden angesprochenen Fälle. Eine Ausnahme möchte ich noch hinzufügen: Maschinenübungen haben dann ihren Sinn, wenn die freie Übung aufgrund von Kraftdefiziten (noch) nicht ausgeführt werden können. Das Paradebeispiel stellen hier die Klimmzüge dar, bei der die Unterstützung von Maschinen durchaus sinnvoll sein kann. Der Vorteil beim Training mit freien Gewichten erschließt sich aus dem oben geschriebenen: Es werden weitaus mehr Muskeln angesprochen, da außer der primären Bewegung (beispielsweise dem Hochdrücken der Hantel beim Bankdrücken) auch noch das Gewicht ausbalanciert werden muss. Dies bedeutet nicht nur die Aktivierung der angrenzenden und stabilisierenden Muskelpartien, sondern führt auch zu einem besseren Zusammenspiel und Koordination dieses Muskelverbunds.

    Auswahl der Übungen

    Die Auswahl der vorteilhaften Übungen zur Erlangung eines gewissen Grades an allgemeiner körperlicher Fitness gestaltet sich recht einfach.

    Die Übungen sollen möglichst viele Muskelpartien ansprechen und somit Verbundübungen sein. Beinahe jeder gute Bodybuilding-Trainingsplan besteht deshalb aus folgenden Übungen:

    1 Kniebeugen Variante (Kniebeugen vorne, Kniebeuge hinten, evt. Überkopfkniebeuge)

    1 Klimmzugvariante (Handflächen zum Körper = Chin-ups, Handrücken zum Körper = Pull-ups)

    1 Dips (Vorgelehnt, Gironda Dips, Aufrecht)

    1 Hebevariante (Rumänisches Kreuzheben, Stiffed-leg-Kreuzheben, klassisches Kreuzheben)

    1 Überkopfübung (Schwungdrücken, Kraftdrücken)

    1 Bankdrückvariante (Schrägbankdrücken, Flachbankdrücken, Negativbankdrücken)

    1 Rudervariante (T-bar-Rudern, Langhantelrudern, Pendlay Rows, Einarmiges Rudern)

    1 Hintere Schulter (Face Pulls, Vorgebeugtes Seitheben)

    Der gesamte Muskelapparat des Körpers ist mit einer oder mehreren Übungen abgedeckt. Die Auflistung der in den Klammern aufgezählten Übungen ist natürlich bei weitem nicht vollständig. Aber: Wir sind keine Bodybuilder, weswegen die unten aufgeführten Pläne nicht alle oben genannten Übungen abdecken.

    Belastung im Schießsport

    Beim Pistolenschießen wird insbesondere die Armmuskulatur und der Schultergürtel belastet, also der Unterarm, Bizeps, Trizeps, vordere/hintere/seitliche Schulter, Brustmuskel und der Rückenmuskel. Des Weiteren der sogenannte "Core", also die Körpermitte. Die Beine hingegen kann man aus dieser Gleichung nahezu komplett heraus streichen, da sie lediglich im Sinne der Ausgleichsvorgänge beansprucht werden. Genau aus diesem Grund bieten sich an dieser Stelle einbeinige Übungen an.

    Kombination von Krafttraining und Schießsport

    Beim Fokus auf den Schießsport ist klar, dass das Krafttraining um die Trainingseinheiten und Wettkämpfe herumgebaut und entsprechend angepasst werden müssen. Dabei müssen sowohl die in den einzelnen Einheiten beanspruchten Muskeln, als auch die Trainingstage an sich beachtet werden. Im Nachfolgenden gehe ich von 2 Schießeinheiten pro Woche aus, wobei von Zeit zu Zeit eine Einheit ein Wettkampf ist. Ausgehende von den im vorigen Abschnitt genannten Belastungen beim Pistolenschießen sollten genau diese Muskelpartien am Tag vor einer Schießeinheit (SE) nicht übermäßig belastet werden. Daraus ergibt sich bereits eine Richtlinie: Kein Training des Oberkörpers am Tag vor einer SE. Die Trennung von Oberkörper und Unterkörper im 2er-Split springt einem hier zwar insAuge, allerdings bevorzuge ich diese Splittung aus verschiedenen Gründen nicht. Denn auch die Verwendung eines (alternierenden) GK ist mit intelligenter Wochenplanung durchaus möglich und bietet gegenüber einem 2er-Split in unserer Situation nur Vorteile. Ich persönlich würde einen GK immer vorziehen. Ob nun alternierend oder nicht, ist Geschmackssache. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen vom Zeitaufwand bis hin zur Kombination mit anderen Sportarten wie Ausdauersport oder eben dem Schießsport. Ein 2er-Split wird eigentlich erst dann notwendig, wenn man mehr als 3 Einheiten pro Woche absolvieren will. Es gibt zwar auch noch andere Fälle, aber auf die werde ich hier nicht weiter eingehen.

    Übungsbeschreibung und mögliche Satz- und WIederholungszahlen

    Kniebeuge vorne: Erfordert Handgelenk- und Schultermobilität, relativ hohe Core-Belastung, die Bewegung wirkt zunächst unnatürlich, das legt sich aber mit der Zeit. 2-4x 3-5

    Kniebeuge hinten: Hohe Fehleranfälligkeit, bei hohen Gewichten und falscher Ausführung gefährlich, benötigt weitaus mehr Mobilität in der Hüfte, als man im ersten Moment vermutet. 2-3 x 3-8 oder 1 x 20-25 (Atemkniebeugen)

    Überkopfkniebeuge: Eher eine Core- und Ganzkörperübung, hohe Anforderung an Mobilität 2-3x 6-8

    Einbeinige Kniebeuge: 3x 10-12

    Beinpresse: 4-6x 6-10

    Chin-ups: Handflächen zeigen zum Körper, Beine gestreckt und leicht angehoben, Bauch angespannt und einfach hochziehen. Geringe Fehleranfälligkeit.

    Pull-ups: Handrücken zeigt zum Körper, Rest: siehe chin-ups

    Sonstige Variationen: Nutzung von Turnringen statt einer Stange

    Dips: Belastet den gesamten Schultergürtel (Brust, vordere Schulter, Trizeps), 3-5x 3-8

    Klassisches Kreuzheben: Komplexe Übung, hohe, koordinative Anforderungen, große Schnittmenge zu Kniebeuge hinten (rein von der muskulären Belastung her) 1-3x3-5

    Rum. Kreuzheben: Fokus auf der hinteren Kette 2-3x8-12

    Kraftdrücken/Schulterdrücken: Aufrecht stehen und das Gewicht am Kinn vorbei über den Kopf drücken 2-3 x 5-8

    Schwungdrücken: Zusätzlich zum Schulterdrücken wird mit Schwung aus den Beinen gearbeitet 3-6x 3

    Flachbankdrücken: "Gefährliche" Übung für das Schultergelenk bei falscher Ausführung 2-3 x 5-8

    Schrägbankdrücken: gute Übung um sie an der Maschine durchzuführen oder mit Kurzhantel 2-3 x 5-8

    Prävention: Vorgebeugtes Seitheben, Face-Pulls, Lying Rear Delt Raise, o.Ä.: Dient der Prävention, hintere Schulter oftmals unterentwickelt, Fokus auf sauberer Ausführung und nicht unbedingt auf Gewichtssteigerung

    Core: Hollow Hold position, Superman holds

    In den Zeiten von Youtube erspare ich mir das Posten von Videos, die die Übungsausführung beschreiben. Weiterhin rennen in jedem Fitnessstudio Trainer herum, die den Titel teilweise sogar verdient haben! Ansonsten findet man in vielen unterschiedlichen Foren unzählige Beschreibungen und Hilfen.

    Ein paar Trainingspläne, die mir so im Laufe der Jahre über den Weg gelaufen sind oder die ich selbst erstellt habe:

  • Alternierender GK:

    Einheit 1

    A Kniebeuge hinten

    B.1 Dips

    B.2 Chin ups

    C Kreuzheben

    D Prävention/Core

    Einheit 2

    A Kniebeuge vorne

    B.1 (Schwung-)Drücken

    B.2 Pull-up

    C Rumänisches Kreuzheben

    D Prävention/Core

    Minimalistischer GK:

    A Kniebeuge vorne

    B.1 Dips vorgebeugt (Fokus auf Brust)

    B.2 Chin-ups

    C Rumänisches Kreuzheben

    D Prävention/Core

    Der nachfolgende Plan ist NICHT praxiserprobt und sollte auf keinen Fall von Kraftsportanfängern durchgeführt werden. Ich selbst habe auch noch nicht danach trainiert, auf den ersten Blick finde ich ihn recht interessant um speziell für das Pistolenschießen Kraft aufzubauen, ohne bestimmte Muskelpartien außer Acht zu lassen. Aber er befindet sich noch in der Experimentierphase. Bei Übungen ohne Wiederholungszahl kann beinahe jedes gängige Schema, ob nun 5x5, 3x3, 3-4x6-8, Cluster, absteigende Pyramide...


    Tag A

    Beinpresse

    einb. Kniebeugevariation (2-3x 10-12)

    Schulterdrücken (3-4x 6-8)

    Klimmzüge

    Rumänisches Kreuzheben (2-3x 10-12)

    Vorgebeugtes Seitheben (2-3x 12-15)

    Core

    Tag B:

    Frontkniebeuge (3-5x 3-5)

    Dips (3-5x 5-8)

    Chin-ups

    Kreuzheben (1x5)

    Einbeiniges Rumänisches Kreuzheben (2-3x 10-12)

    Seitheben (2-3x 12-15)

    Core

    Noch ein paar (mahnende) Worte zum Schluss: Jede einzelne Übung birgt bei falscher Ausführung ein gewisses Verletzungsrisiko. Manchmal ist dies höher (z.B. Kniebeugen, Bankdrücken), bei anderen niedriger (Beinpresse, Klimmzüge). Unter Verletzung verstehe ich nicht nur ein plötzlich auftretender Schaden wie einen Bänderriss, sondern auch eine schleichende Verletzung oder Schmerzen, ausgelöst durch eine falsche Ausführung der Übung oder durch eine zu hohe Belastung (Gewicht, Wiederholungszahl). Weiterhin muss man einem Plan/einer Übung Zeit geben, um zu funktionieren. Wer seinen Körper nicht aus dem Effeff kennt, kann sich nach 2 Wochen noch kein Urteil über einen Plan erlauben. In diesem Zusammenhang ist es ebenso wichtig, genau auf seinen Körper zu hören: Welche Übungen tun mir gut, welche schränken mich ein, was macht mir keinen Spaß (!!), etc. pp. Dann steht einer erfolgreichen Nebenkarriere im Fitnessstudio nichts mehr im Wege.

  • Cool, gefällt mir.

    Dennoch schade dass Du gar nicht auf die Übungen eingegeangen bist.

    Bin mir nicht sicher ob alle den Unterschied Kniebeuge vorne - Kniebeuge hinten kennen.

  • Cool, gefällt mir.

    Dennoch schade dass Du gar nicht auf die Übungen eingegeangen bist.

    Bin mir nicht sicher ob alle den Unterschied Kniebeuge vorne - Kniebeuge hinten kennen.

    Ich hatte es mir überlegt. Aber in der heutigen Twitter-Gesellschaft, in der jeder Text mit einer Zeichenlänge >160 eine Herausforderung zu sein scheint und in einer Zeit, in der Informationen von jedem Ort aus und zu jeder zeit abrufbar sind, wollte ich diesen Rechercheaufwand nicht auch noch betreiben. Die Suche nach "Kniebeuge vorne" liefert bei google.de 258.000 Ergebnisse und 12.600 Videos, da sollte jeder etwas finden. Deswegen habe ich den Text bewusst relativ knapp gehalten um nicht noch mehr Leute abzuschrecken mit der Informationsüberflutung.