Können Waffenverbote und Waffenkontrollen Gewalt verhindern?

  • Der Beitrag von Katja Triebel zu dem Thema gehört meiner Meinung nach als Pflichtlektüre in jedes Schützenhaus. Das Thema " Können Waffenverbote und Waffenkontrollen Gewalt verhindern?" wurde sehr sachlich mit einer Vielzahl von Quellennachweisen kurz und prägnant beschrieben.

    Vereine und ihre Mitglieder, die sich diesem Thema bisher nur auf Stammtischniveau genähert haben, bekommen jetzt ehrliche und einfache Argumentationshilfen, um auf viele medialen Unterstellungen und verbreiteten Vorurteilen in der Gesellschaft zum Waffenbesitz Antworten zu können.

    Die von Katja Triebel bereitgestellten Informationen eignen sich damit auch sehr gut, die Bevölkerung aufzuklären bzw. Mit ihr ins Gespräch zu kommen, z. B. erstmalig am Wochenende der Schützenvereine 6./7. Oktober.

    Können Waffenverbote und Waffenkontrollen Gewalt verhindern? « Katja Triebel

  • Auch ich möchte mich recht herzlich bei Katja Triebel für ihre unermüdliche Arbeit bedanken.

    Darüber reden ist eine Sache, aber sich immer wieder hinzusetzen und die Fakten zu sammeln und auch so gekonnt aufzuarbeiten doch noch eine ganz andere.


    Bei der Gelegenheit, wäre es nicht sinnvoll und hilfreich auch im Hinblick auf den 6/7 Oktober, einen kleinen Flyer zu gestalten, welcher den Komplex Waffenrecht und die tatsächliche Missbrauchsrate (durch Sportschützen) in einer für Laien verständlich Form kurz und prägnant thematisiert. Wichtig wäre dabei aus meiner Sicht die besondere Berücksichtigung der Zielgruppe und der Anlass der Verteilung. Eine zu starke Betonung auf freien Waffenbesitz, SV und dergleichen kann dabei vermutlich auch eher kontraproduktiv sein.


    Ich weiß, ich weiß, ich bin oft ein schrecklich fauler Sack. :P

    Aber sollte es schon Ansätze oder Entwürfe in dieser Richtung geben, wäre es natürlich auch schön, diese nutzen zu können. Mann muss ja das Rad nicht immer neu erfinden und doppelte Arbeit verschwendet nur knappe Ressourcen. 8)


    Mit bestem Schützengruß

    Frank

  • Merci für Euer Lob.

    Wer Englisch kann, dem sei das Buch von Gary Kleck empfohlen. Es ist ein "Augenöffener".

    Insbesondere deshalb, weil Kleck kein Waffenbefürworter ist, sondern tatsächlich ein neutraler Wissenschaftler.
    Ich wurde insbesondere durch sein Buch "Point Blank" annimiert, die deutsche Situation zu betrachten - und hoffe, dass sich endlich auch mal echte deutsche Wissenschaftler diesem Thema unvoreingenommen widmen.

    Hier mal ein paar Hintergrund Infos:

    Wer ist Gary Kleck?
    Eine Übersetzung von http://www.guncite.com/gcwhoGK.html
    Gary Kleck ist Professor an der School of Criminology and Criminal Justice an der Florida State University in den USA. (http://www.criminology.fsu.edu/p/faculty-gary-kleck.php). Seine Forschung konzentriert sich auf Gewalt und Kriminalitätsprävention mit speziellem Fokus auf den Waffenbesitz. Dr. Kleck ist der Autor von Point Blank: Guns and Violence in America (Aldine de Gruyter, 1991), und Targeting Guns: Firearms and Their Control (Aldine de Gruyter, 1997). Er schreibt Beträge in den wichtigsten soziologischen Fachzeitschriften. Im Jahr 1993 gewann Dr. Kleck den Michael J. Hindelang Award der American Society of Criminology für sein Buch Point Blank mit der Begründung, es sei seit drei Jahren der beste Beitrag zur Kriminologie.

    Kleck schreibt über sich selbst in Targeting Guns:

    Der Autor ist Mitglied von American Civil Liberties Union, Amnesty International USA, Independent Action, Democrats 2000 und Common Cause, sowie anderen politisch liberalen Organisationen. Er ist ein lebenslang registrierter Demokrat und Unterstützer von liberal-demokratischen Kandidaten. Er ist und war nie Mitglied der National Rifle Association, Handgun Control, Inc., oder einer anderen Interessengemeinschaft für oder wider den Waffenbesitz, noch hat er jemals eine Finanzierung für seine Forschung von einer solchen Organisation erhalten.

    Marvin Wolfgang, einer der renominiertesten US-Kriminologen und bekennender Waffenkontrollbefürworter, schrieb über Dr. Kleck:

    Die Studie von Kleck und Gertz beeindruckt mich wegen der Umsicht und den aufwändigen Nuancen ihrer methodischen Untersuchungen. Ich mag ihre Schlussfolgerungen, dass der Besitz einer Pistole nützlich sein kann, nicht, aber ich kann nichts Nachteiliges über ihre Methodik sagen. Sie haben ernsthaft versucht, alle Gegenargumente bereits im Voraus zu berücksichtigen und haben dies außerordentlich gut gemacht. Marvin E. Wofgang, "A Tribute to a View I Have Opposed," Journal of Criminal Law and Criminology 1995, Vol. 86 No. 1.)

    Gary Kleck beschrieb, wie er von einem Waffenkontrollbefürworter, zu einem Kontroll-Skeptiker wurde: [1]

    Bis etwa 1976 gab es nur wenig verlässlich wissenschaftliche Informationen über den Zusammenhang zwischen Gewalt und Waffen. Folglich waren alle, Wissenschaftler eingeschlossen, frei zu glauben, was sie mochten in Bezug auf Waffen und Waffenkontrolle. Es gab keine wissenschaftlichen Belege, die ihre persönlichen Vorurteile störten. Es war leicht, an die Zweckmäßigkeit der Waffenkontrolle zu glauben und an die negativen Auswirkungen des freien Zugangs zu Waffen (oder an die entgegengesetzten Positionen), weil so wenig relevante Informationen existierten, die diesen Glauben hätten erschüttern können. Als ich meine Forschung zu Waffenbesitz im Jahr 1976 begann, glaubte ich, wie die meisten Akademiker, an die "Anti-Gun"-These, d.h. an die Idee, dass die Verfügbarkeit von Waffen einen positiven Effekt auf die Häufigkeit und / oder die Schwere von Gewalttaten hat

    Damals gehörte diese These zum gesunden Menschenverstand, die nicht empirisch überprüft werden müsste. Doch als sich ein gewisser Umfang an zuverlässiger Evidenz (und eine enorme Menge an nicht-so-sicheren Belegen) angesammelt hatte, verschoben viele der fähigsten Spezialisten in diesem Bereich ihre Position von "Anti-Gun"-Position zu einer skeptischeren Haltung. Nun wurde argumentiert, dass die besten verfügbaren Erkenntnisse die Anti-Gun Position nicht mehr überzeugend oder konsistent unterstützen könnten. Das ist nicht dasselbe wie zu sagen, wir kennen die Anti-Gun Position als falsch an, sondern eher, dass es keine starke Argumente dafür gäbe, dass sie richtig sei. Die prominentesten Vertreter dieser skeptischen Position sind James Wright und Peter Rossi, Autoren der besten wissenchaflichen Literaturbewertungen. (Beide waren Professoren am Social and Demographic Research Institut an der Universität Massachusett: http://www.leg.state.co.us/Clics/clics2012a/commsumm.nsf/b4a3962433b52fa787256e5f00670a71/10498c3a3264be7887257998006fe0d7/$FILE/HseJud0202AttachN.pdf )

    [Weitere Forschungen] hatten mich veranlasst, auch die skeptische Position hinter mir zu lassen. Ich glaube jetzt, dass die beste derzeit verfügbare Evidenz, wie unvollkommen sie auch ist (und immer bleiben wird), anzeigt, dass der freie Zugang zu Waffen keinen messbar positiven Effekt auf die Deliktraten von Totschlag, Selbstmord, Raub, Körperverletzung, Vergewaltigung oder Einbruch in den Vereinigten Staaten hat. Dies ist nicht das Gleiche wie die Aussage, dass der Zugang gar keine Auswirkungen auf die Gewaltdelikte hat. Der Zugang hat viele Auswirkungen auf die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs, Verletzung, Tod, Verbrechen und Vollendung, aber diese Effekte arbeiten sowohl in die Richtung von steigender Gewalt als auch in die Richtung von abnehmender Gewalt, so dass sich die Wirkung aufhebt.

    Beispiel: wenn Aggressoren Waffen haben, werden sie (1) ihre Opfer weniger wahrscheinlich körperlich angreifen, (2) weniger wahrscheinlich ihre Opfer durch einen Angriff verletzen, aber (3) mit größerer Wahrscheinlichkeit ihre Opfer eher töten als zu verletzen. Wenn die Opfer Waffen haben, ist es weniger wahrscheinlich, dass die Aggressoren sie angreifen oder verletzen und es ist weniger wahrscheinlich, dass sie ihr Eigentum bei einem Raub verlieren. Auf der aggregierten Ebene, in den besten verfügbaren Zeitreihen-und Querschnittsstudien, ist der gesamte Nettoeffekt des Zugang zu Waffen auf die Gesamtrate von Gewalt nicht signifikant von Null verschieden. Die positiven Zusammenhänge, die oft zwischen den aggregierten Gewaltindizes und dem Waffenbesitz gefunden werden, scheinen in erster Linie darauf hinzuweisen, dass Gewalt zu mehr Waffenbesitz führt, jedoch nicht umgekehrt.

    Die Verfügbarkeit von Waffen wirkt auf die Rate von bewaffneter Gewalt (z.B die Mordrate mit Schusswaffen, die Selbstmordrate mit Schusswaffen, die Raten von bewaffnetem Raub) und der Anteil der Gewalttaten, die mit Waffen begangen werden (z. B. der prozentuale Anteil der Tötungsdelikte, Suizide oder Raubüberfälle mit Schusswaffen); die Verfügbarkeit von Waffen hat jedoch keine Wirkung auf die Gesamtrate der Gewaltdelikte (auf die absolute Höhe der Mordrate, Selbstmordrate, Raubrate, etc.).

    Gary Kleck, Address to the National Academy of Sciences/National Research Council Panel on the Understanding and Prevention of Violence (Apr. 3, 1990) (prepared statement, on file with the Tennessee Law Review).

    [1] Don B. Kates (et al), Tennessee Law Review, 1994, Guns and Public Health: Epidemic of Violence or Pandemic of Propaganda?", pp. 9-10, http://www.constitution.org/2ll/2ndschol/58tenn.pdf