Ehrenamt früher und heute
Immer wieder sind die Klagen über ein mangelndes Interesse der Bevölkerung, ein sog. „Ehrenamt“ zu übernehmen, zu hören. Diese These wird zwar von allen Bevölkerungsschichten, vielen öffentlichen und privaten Einrichtungen kommuniziert, was m. E. jedoch so nicht stimmen kann, wenn erneut festgestellt wurde, dass sich weiterhin rund ein Drittel der Bevölkerung freiwillig für das öffentliche Gemeinwohl einsetzt.
Seit der Entstehung des Ehrenamts zur Milderung der sozialen Folgen der Industrialisierung im 1871 neu gegründeten
Deutschen Reich hat das bürgerschaftliche Engagement bis heute einen Bedeutungswandel durchlaufen. Der Unterschied zwischen „altem“ und „neuem“ Ehrenamt kann mit „Aufopferung“ versus „Selbstverwirklichung“ charakterisiert werden.
Neben dem traditionellen Ehrenamt bestehen heute daher auch vielfältige weitere Formen bürgerschaftlichen Engagements, welches zeitgemäßer m. E. „FreiwilligenHelfer“ heißen sollte und die Vorstellung von verstaubten Amtsstuben und Pflichterfüllung bis zum Tode nicht mehr aufkommen lässt.
Ich durfte einmal ein zweitägiges Seminar zur Öffentlichkeits- und Nachwuchsarbeit unter Einsatz der Lichtpunktgeräte für den NWDSB leiten, in dem auch zum Thema Mitgliedergewinnung das Ehrenamt thematisiert wurde. Wichtig war und ist mir immer mehr die Erkenntnis zu vermitteln, dass das, worüber wir (Schützen) uns unterhalten in einer sich immer schneller verändernden Gesellschaft bewusst hinterfragt, analysiert und evt. zeitgemäßer beschrieben und angewandt werden muss. Beim sog. Ehrenamt kann „früher“ und „heute“ danach so beschrieben werden:
1.) Traditionsverpflichtet >>> Gegenwartsbezogen
2.) Aufopferung, Selbstlosigkeit >>> Selbstverwirklichung, beruflicher und sozialer Nutzen
3.) Fremdbestimmung, Milieuabhängigkeit >>> Selbstbestimmung
4.) Orientierung am Gemeinwohl >>> Orientierung an eigenen Bedürfnissen
5.) traditionelles Dienst- und Verpflichtungsgefühl _ Ansatz an eigenen Erfahrungen und Betroffenheit
6.) keine oder wenig Professionalität >>> Halb-Professionalität
7.) keine Bezahlung („Arbeit für Gottes Lohn“) >>> pauschale
Aufwandsentschädigung möglich
8.) kontinuierliches Engagement, lebenslang >>> zeitlich begrenzt, lebensphasenabhäng
9.) homogene Gruppe: vorwiegend Männer >>> heterogene Gruppe: Rentner, Frauen und Männer, Jugendliche!
Die Aufstellung kann sicherlich noch erweitert werden.
Die Ergebnisse der Veränderungen sind regional und vereinsindividuell unterschiedlich ausgeprägt. So kommt es vor, dass es Vereine gibt, die noch das alte Ehrenamt „pflegen“ und Vereine, die nach meiner Auffassung nicht mehr die Rahmenbedingungen für das neue Ehrenamt bieten und damit existenzielle Probleme bei der Entwicklung ihrer Zukunftsfähigkeit haben.